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Rundschreiben - Gesamter Jahresrückblick 2018
Rückforderungsanspruch des Finanzamts bei Bestreiten des doppelten Zuflusses auf dem Konto eines Ehegatten (Dezember 2018)
Von Ausnahmen abgesehen, erlischt für zusammenveranlagte Ehegatten durch die Auszahlung des Erstattungsbetrags an einen Ehegatten auch der Erstattungsanspruch des anderen Ehegatten. Das gilt auch, wenn später einer der Ehegatten den Geldzufluss bestreitet.
Dem Urteil des Finanzgerichts des Landes Sachsen?Anhalt lag der Fall einer Einkommensteuererstattung auf das Konto der Ehefrau bei der Bank 1 zugrunde. Das Finanzamt erhielt den Betrag von der Bank zurück, wurde aber gerichtlich wieder zur Auszahlung an diese Bank verpflichtet und leistete die Zahlung auch.
Bereits vor der gerichtlichen Verpflichtung zur Auszahlung des Erstattungsbetrags auf das Konto der Ehefrau bei der Bank 1 wurde durch das Finanzamt der Erstattungsbetrag auf ein Konto bei der Bank 2 angewiesen. Nachdem die Doppelzahlung beim Finanzamt aufgefallen war, forderte es die Rückerstattung aus der Zahlung an die Bank 2. Der Ehemann verweigerte die Rückzahlung mit der Behauptung, dass der Geldbetrag auf dem Bankkonto 1 nicht eingegangen sei.
Das Finanzgericht sah den Anspruch des Finanzamts als berechtigt an und verpflichtete die Eheleute zur Rückzahlung des doppelt erhaltenen Erstattungsbetrags. Es ist davon auszugehen, dass das Finanzamt die gerichtliche Verpflichtung zur Zahlung des Erstattungsbetrags an die Bank 1 befolgt hat und die Erstattung vorgenommen wurde.
Nachweis der Ausbildungswilligkeit des volljährigen Kinds als Kindergeldvoraussetzung (Dezember 2018)
Für ein volljähriges Kind besteht u. a. Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag, wenn es das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann.
Das Finanzgericht des Landes Sachsen?Anhalt verlangt allerdings die ernsthafte Ausbildungswilligkeit des Kinds. Der Nachweis kann geführt werden durch eine Bescheinigung der Agentur für Arbeit, dass das Kind als Arbeitsuchender gemeldet ist.
Ist das Kind nicht bei der Arbeitsagentur als arbeitsuchend gemeldet, sind schriftliche Bewerbungen unmittelbar an Ausbildungsstellen sowie deren Zwischennachricht oder Ablehnung ebenfalls als Nachweis geeignet. Aus diesen Unterlagen muss erkennbar sein, dass sich das Kind ernsthaft um eine Ausbildungsstelle beworben hat.
Wurde von der Familienkasse trotz fehlender Nachweise dennoch Kindergeld ausgezahlt, ist nach diesem Urteil eine Aufhebung der Kindergeldfestsetzung nur mit Wirkung für die Zukunft möglich.
Erfüllung des gesetzlichen Mindestlohns: Nähprämie zu berücksichtigen (Dezember 2018)
Bei der Erfüllung des gesetzlichen Mindestlohns ist mitunter streitig, ob bestimmte Zahlungen zu berücksichtigen sind, sodass der Mindestlohn erreicht ist, oder ob sie Sonderzahlungen sind, die bei der Berechnung außen vor bleiben. In diesem Fall ist zur Erreichung des Mindestlohns noch etwas an den Arbeitnehmer nachzuzahlen.
Eine Verkäuferin, die während ihrer Arbeitszeit auch Näharbeiten für Kunden ihres Arbeitgebers ausführte, erhielt dafür zum Quartalsende sog. Nähprämien. Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass es sich hierbei um bei der Berechnung des Mindestlohns zu berücksichtigende Entgelte handelte. Demnach ist der Anspruch eines Arbeitnehmers erfüllt, wenn die ihm für einen Kalendermonat gezahlte Bruttovergütung den Betrag erreicht, der sich aus der Multiplikation der Anzahl der in diesem Monat tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden mit dem jeweils geltenden Mindestlohn ergibt. Dabei sind alle Geldleistungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen, die für die erbrachte Arbeitsleistung gezahlt werden. Anders als die Verkäuferin meinte, sind die Nähprämien Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung. Der Erfüllungswirkung steht auch nicht entgegen, dass die Prämien jeweils zum Quartalsende gezahlt wurden. Sie sind jedenfalls im jeweiligen Auszahlungsmonat mindestlohnwirksam.
Korrespondierende Bilanzierung bei Rückstellung für die Erstellung des Jahresabschlusses durch den Gesellschafter (Dezember 2018)
Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören neben den Gewinnanteilen des Gesellschafters einer Personengesellschaft auch seine Vergütungen für Tätigkeiten im Dienst der Gesellschaft. Unbeachtlich ist, ob die Leistung auf einer zivilrechtlichen oder schuldrechtlichen Grundlage beruht.
Es ist das steuerliche Ziel, den Gewinn eines Mitunternehmers demjenigen eines Einzelunternehmers anzugleichen. Aus diesem Grund sind Tätigkeitsvergütungen für die Arbeitsleistung eines Mitunternehmers kein Arbeitslohn, sondern sie erhöhen seinen Anteil am Gewinn der Gesellschaft (sog. Gewinnvorab).
Daher ist der gewinnmindernd in der Gesamthandsbilanz gebildeten Rückstellung für Tätigkeiten des Gesellschafters, wie die Erstellung des Jahresabschlusses, eine korrespondierende Forderung in seiner Sonderbilanz gegenüberzustellen. Es ist bedeutungslos, ob die Vergütung dem Gesellschafter zufließt oder bilanzrechtlich zu erfassen ist. Ausschlaggebend ist, dass die Aufwendungen einem Auftrags- oder Dienstverhältnis zuzuordnen sind.
(Quelle: Urteil des Bundesfinanzhofs)
Kreuzfahrten: Trinkgeld darf nicht automatisch dem Bordkonto belastet werden (Dezember 2018)
In einem vom Landgericht Koblenz entschiedenen Fall ging es um eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Reiseveranstalters, wonach für die Leistung der Servicecrew auf das Bordkonto ein Betrag in Höhe von 10 € pro Person/Nacht an Bord gebucht wurde. In der Bestimmung wurde auf die Möglichkeit hingewiesen, diesen Betrag an der Rezeption kürzen, streichen oder erhöhen zu können.
Das Gericht stufte die Klausel als rechtswidrig ein, weil sie von der gesetzlichen Regelung abweiche. Entgegen der gesetzlichen Vorgabe werde die zusätzliche Leistung nicht ausdrücklich vereinbart, sondern nur stillschweigend in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen platziert.
Luxuswaren-Anbieter dürfen Verkauf über Online-Plattformen verbieten (Dezember 2018)
Ein Anbieter von Luxuswaren kann seinen autorisierten Händlern untersagen, die Waren über Drittplattformen wie Amazon oder eBay zu verkaufen, um dadurch das Luxusimage der Produkte sicherzustellen. Das hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden.
Voraussetzung ist, dass die Auswahl der Wiederverkäufer einheitlich und ohne Diskriminierung anhand objektiver Gesichtspunkte qualitativer Art erfolgt. Dabei dürfen die festgelegten Kriterien das erforderliche Maß nicht überschreiten.
Keine Aufwandsentschädigung für Mieter bei Wohnungsbesichtigung (November 2018)
Will der Eigentümer einer Mietwohnung diese verkaufen, muss der Mieter eine Innenbesichtigung der Wohnung durch Kaufinteressenten dulden. Dafür darf er keine Aufwandsentschädigung verlangen. Begehrt er dennoch einen entsprechenden Ausgleich, ist eine solche Forderung aber kein Grund, den Mietvertrag zu kündigen. Diese Entscheidung hat das Amtsgericht Landsberg am Lech getroffen.
Der Eigentümer einer Mietwohnung wollte diese verkaufen. Nachdem es bereits zu zwei Wohnungsbesichtigungen durch unterschiedliche Makler gekommen war, verlangte der Mieter für einen dritten Besichtigungstermin eine Aufwandsentschädigung von 75 € pro angefangene Stunde. Der Vermieter weigerte sich eine solche Entschädigung zu zahlen. Daraufhin verweigerte der Mieter weitere Besichtigungstermine. Der Vermieter mahnte den Mieter erfolglos ab und kündigte schließlich das Mietverhältnis. Da der Mieter nicht auszog, klagte der Vermieter auf Räumung der Wohnung.
Nach Auffassung des Gerichts war die Kündigung nicht gerechtfertigt. Einem Vermieter stehe grundsätzlich ein Besichtigungsrecht zu.
Eine Aufwandsentschädigung könne der Mieter dafür jedoch nicht verlangen. Eine entsprechende Forderung des Mieters sei jedoch keine so schwere Pflichtverletzung, die eine Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertige. Immerhin habe der Mieter zwei Besichtigungen mit erheblichem Zeitaufwand zugelassen.
Keine Pflicht zur Vergabe lückenlos fortlaufender Rechnungsnummern bei Einnahmenüberschussrechnung (November 2018)
Für Unternehmer, die ihren Gewinn zulässigerweise durch Einnahmenüberschussrechnung ermitteln, besteht keine Pflicht zur Vergabe numerisch fortlaufender Rechnungsnummern.
So entschied es das Finanzgericht Köln im Fall eines Unternehmers, der über das Internet Veranstaltungen und Reisen anbot. Die Kunden erhielten nach der Buchung eine automatisiert erzeugte Buchungsbestätigung und Rechnung. Die dort ausgewiesene Buchungsnummer war eine computergestützt generierte Kombination aus Veranstaltungsnummer, Geburtsdatum des Kunden und Rechnungsdatum. Die Buchungsnummer war damit eindeutig und einmalig, jedoch bezogen auf die vorhergehende Rechnung keine fortlaufende Zahlenangabe.
Das Finanzgericht Köln urteilte, dass es für die Vergabe einer lückenlos fortlaufenden Rechnungsnummer keine Rechtsgrundlage gibt. Insbesondere die Regelung des Umsatzsteuergesetzes, wonach eine Rechnung eine fortlaufende und einmalige Rechnungsnummer enthalten muss, greift nur zum Zwecke der Kontrolle des Vorsteuerabzugs.
Hinweis: Dieses Urteil ist kein Freibrief. Im konkreten Fall waren die Aufzeichnungen geordnet und vollständig. Es gab keine Anhaltspunkte für nicht oder falsch erfasste Betriebseinnahmen, fehlende Rechnungsstellung oder Fehler bei den Buchungsnummern. Nutzt ein Unternehmer bei der Vergabe von Rechnungsnummern ein System, aus dem sich eine lückenlose Abfolge von Nummern ergeben müsste, führen fehlende Rechnungsnummern zu einem formellen Mangel der Buchführung.
Keine unterschiedlichen Steuersätze bei einheitlicher Leistung (November 2018)
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat bestätigt, dass bei einer einheitlichen Leistung nur ein einziger Umsatzsteuersatz zur Anwendung kommt. Maßgeblich ist der Steuersatz, der für die Hauptleistung anzuwenden ist. Dies gilt auch dann, wenn das Entgelt für die Hauptleistung und die Nebenleistung bestimmt werden können. Liegen hingegen getrennte Leistungen vor, ist auf jede Leistung der für sie geltende Umsatzsteuersatz anzuwenden, auch wenn ein Gesamtpreis vereinbart wurde.
Eine einheitliche Leistung liegt vor, wenn zwei oder mehr Einzelleistungen oder Handlungen eines Unternehmers für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.
Eine einheitliche Leistung liegt auch dann vor, wenn ein oder mehrere Teile als Hauptleistung, andere Teile aber als Nebenleistungen anzusehen sind, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung anzusehen, wenn sie für den Kunden keinen eigenen Zweck, sondern lediglich das Mittel darstellt, um die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.
Im entschiedenen Fall ermöglichte die Gesellschaft eines Mehrzweckgebäudekomplexes – bestehend aus einem Stadion mit den dazugehörigen Einrichtungen –, das Stadion im Rahmen von entgeltlichen Besichtigungstouren zu besuchen und hierbei auch das im Komplex befindliche Museum zu besichtigen. In diesem Fall lagen eine Haupt- und eine Nebenleistung vor. Als einheitliche Leistung war diese einem einheitlichen Steuersatz zu unterwerfen.
Höhe der Nachforderungszinsen in 2013 ist verfassungsgemäß (November 2018)
Steuernachzahlungen sind 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie entstanden sind, zu verzinsen. Der Zinssatz beträgt 0,5 % pro Monat, also 6 % pro Jahr. Vor dem Hintergrund des derzeit extrem niedrigen Zinsniveaus wurde eine Vielzahl von Klagen gegen die Höhe des Zinssatzes erhoben.
Der Bundesfinanzhof sieht in der nicht marktüblichen Höhe des Zinssatzes keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes, da bei allen Betroffenen der gleiche Zinssatz zugrunde gelegt wird. Auch ist die Höhe des Zinssatzes nicht unverhältnismäßig, weil sie innerhalb des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums liegt. Einen Anspruch auf Erlass der Zinsen verneinte das Gericht unabhängig von den Ursachen einer späten oder verzögerten Steuerfestsetzung.
Hinweis: Auch Steuererstattungen werden 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie entstanden sind, mit dem Zinssatz von 0,5 % pro Monat verzinst.
Kein Werbungskostenabzug bei Auslandsstudium ohne eigenen inländischen Hausstand (November 2018)
Studierende können für Auslandssemester und Auslandspraktika keine Aufwendungen für die dortige Unterkunft und Verpflegung geltend machen, wenn sie im Inland keinen eigenen Haushalt haben, entschied das Finanzgericht Münster.
Eine Studentin absolvierte nach Abschluss einer Ausbildung ein Bachelorstudium und verbrachte in dessen Rahmen zwei Auslands- und ein Auslandspraxissemester. Während der Auslandsaufenthalte blieb sie an ihrer inländischen Fachhochschule eingeschrieben und besuchte einmal pro Monat ihre Eltern. In ihrer Einkommensteuererklärung machte die Studentin die Aufwendungen für Wohnung und Verpflegung im Ausland als Werbungskosten geltend.
Grundsätzlich sind nach Abschluss einer Erstausbildung die Aufwendungen für eine zweite Ausbildung Werbungskosten. Um die Kosten für Wohnung und Verpflegung im Ausland absetzen zu können, müsste aber eine doppelte Haushaltsführung vorliegen. Dafür müsste die Studentin außerhalb des Orts der ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhalten und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte gewohnt haben. Die erste Tätigkeitsstätte der Studentin war aber während der Auslandsaufenthalte nicht mehr die inländische Fachhochschule. Vielmehr befand sich der einzige eigene Hausstand der Studentin im Ausland, da die Besuche in der Wohnung der Eltern keinen eigenen Hausstand begründeten.
Keine Ansparabschreibung im Liebhabereibetrieb (November 2018)
Eine Ansparabschreibung ist ausgeschlossen, wenn die geplanten Anschaffungen im Rahmen eines Liebhabereibetriebs erfolgen sollen.
Die Inhaberin eines Schreibbüros erklärte im Jahr der Betriebseröffnung einen Verlust. Darin enthalten war eine Ansparabschreibung für Existenzgründer. Die geplanten Anschaffungen wurden nicht realisiert, Einnahmen aus der geplanten Tätigkeit fielen ebenfalls nicht an. Auch in den Folgejahren wurden keine Einnahmen erzielt. Das Finanzamt erkannte die Verluste für die gesamten Zeiträume nicht an. Die Unternehmerin war dagegen der Ansicht, dass zumindest der Verlust im Gründungsjahr einschließlich der Ansparabschreibung zu berücksichtigen sei.
Der Bundesfinanzhof entschied, dass eine steuermindernde Ansparabschreibung in einem solchen Fall nicht gebildet werden kann. Dies kommt nur für einen Betrieb infrage, der aktiv tätig ist. Steht hingegen zum Zeitpunkt der Erstellung der Gewinnermittlung für den betreffenden Zeitraum bereits fest, dass eine gewinnbringende Tätigkeit nicht mehr ausgeübt werden kann, kommt dies einer Betriebsaufgabe gleich. Damit ist eine Ansparabschreibung nicht mehr möglich.
Hinweis: Die Ansparabschreibung wurde grundsätzlich ab dem Veranlagungszeitraum 2007 durch den Investitionsabzugsbetrag abgelöst. Die Grundsätze dürften aber auch aktuell Anwendung finden.
Hausordnung kann das Abstellen von Fahrrädern in der Wohnung verbieten (November 2018)
Eine Regelung in der Hausordnung, die den Transport von Fahrrädern in die Wohnung verbietet, ist zulässig. Dies hat das Landgericht München I entschieden.
Eine Eigentümergemeinschaft hatte den Transport von Fahrrädern zu den Wohnungen durch Änderung der Hausordnung verboten. Zulässig sollte es nur noch sein, die Fahrräder im Fahrradraum, auf den privaten Tiefgaragenstellplätzen oder im Kellerraum unterzubringen. Grund hierfür war, dass es durch den Transport der Fahrräder immer wieder zu erheblichen Verschmutzungen des Treppenhauses gekommen war. Hiergegen wandte sich ein Eigentümer, der in der Neuregelung eine Benachteiligung gegenüber Rollstuhl- und Kinderwagenbesitzern sah.
Nach Auffassung des Gerichts ist ein solches Transportverbot für Fahrräder zulässig. Auch wenn das Verbot die Nutzung des Sondereigentums einschränke, sei der Kernnutzungsbereich einer Wohnung davon nicht betroffen. Ebenfalls sei darin keine Diskriminierung der Fahrradbesitzer zu sehen. Ein Kinderwagen oder ein Rollstuhl sei für den Nutzer nötig, um die Wohnung erreichen zu können. Darüber hinaus werde ein Rollstuhl auch aus gesundheitlichen Gründen in der Wohnung benötigt.
Heimliche Aufnahme eines Personalgesprächs berechtigt zur fristlosen Kündigung (November 2018)
Ein Arbeitnehmer hatte in einer E-Mail Kollegen beleidigt. Das daraufhin stattgefundene Personalgespräch mit dem Vorgesetzten und dem Betriebsrat nahm er heimlich mit seinem Handy auf. Als die Arbeitgeberin davon erfuhr, sprach sie eine fristlose Kündigung aus.
Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage, die vom Arbeitsgericht und später auch vom Hessischen Landesarbeitsgericht abgewiesen wurde. Die heimliche Aufnahme eines Gesprächs verletzt das Persönlichkeitsrecht der Gesprächspartner. Rechtfertigungsgründe waren nicht ersichtlich. Da das Arbeitsverhältnis bereits durch die vorangegangene E-Mail belastet war, war trotz der langen Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers keine positive Prognose für das Arbeitsverhältnis möglich.
Hinterziehungszinsen auf Kindergeldrückforderung (November 2018)
Eine Mutter erhielt für ihre volljährige Tochter in Berufsausbildung Kindergeld. Infolge einer Schwangerschaft brach die Tochter die Ausbildung ab, woraufhin die Familienkasse für zwei Jahre gezahltes Kindergeld zurückforderte. Die Familienkasse ging außerdem davon aus, dass eine Steuerhinterziehung vorlag und setzte Hinterziehungszinsen fest. Das Finanzgericht des Landes Sachsen?Anhalt zweifelt indes am Vorliegen einer Steuerhinterziehung und setzte die Vollziehung der Hinterziehungszinsen aus.
Im Sachverhalt käme nur eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen in Betracht, indem die Mutter die Familienkasse pflichtwidrig über den Abbruch der Ausbildung in Unkenntnis gelassen hat und dadurch ungerechtfertigt die Weiterzahlung des Kindergelds erlangte. Die Mutter hätte die erforderliche Mitteilung in diesem Fall zudem vorsätzlich unterlassen haben müssen. D. h., sie hätte es ernsthaft für möglich halten und billigen müssen, dass die Familienkasse keine Kenntnis vom Abbruch der Ausbildung hat, sie die Aufklärung darüber dennoch unterlässt und dadurch einen nicht gerechtfertigten Vorteil erlangt.
Hat die Mutter hingegen die Aufklärung der Familienkasse möglicherweise vergessen oder nicht gewusst, dass sie den Ausbildungsabbruch hätte anzeigen müssen, läge nur grobe Fahrlässigkeit vor. Zwar habe die Mutter den Kindergeldantrag unterschrieben und damit bestätigt, alle relevanten Änderungen unverzüglich der Familienkasse mitzuteilen. Da der Antrag nebst Merkblatt einen erheblichen Umfang hat, sah es das Gericht dennoch als nicht erwiesen an, dass die Mutter auch den Abschnitt über Erkrankung oder Mutterschaft gelesen und richtig verstanden habe.
Gewerbesteuerliche Hinzurechnung bei Anmietung von Räumlichkeiten und Requisiten zur Herstellung von Filmen (Oktober 2018)
Mietet ein Gewerbetreibender bewegliche oder unbewegliche Wirtschaftsgüter an und wären diese seinem Anlagevermögen zuzurechnen, wenn er sie erworben hätte, werden die Aufwendungen zur Ermittlung des Gewerbeertrags zum Teil wieder hinzugerechnet, wenn sie bei der Gewinnermittlung abgezogen wurden. Nach Auffassung des Finanzgerichts Berlin Brandenburg gehören bei einem Filmproduktionsunternehmen Räumlichkeiten, technische Ausstattung, Requisiten, Kostüme, Beleuchtungsgeräte, Lampen etc. zum Anlagevermögen.
Dies gilt auch dann, wenn jeder Film an einem anderen Drehort mit unterschiedlicher technischer Ausrüstung, anderen Requisiten und Kostümen gedreht wird. Dass die angemieteten Gegenstände und Kulissen jeweils nur für einen Film genutzt werden und deshalb keinen Wert für andere Filme des Unternehmens haben, schließe eine Hinzurechnung nicht aus.
Der Bundesfinanzhof muss abschließend entscheiden.
Gewerbliche Tätigkeit eines als externer Datenschutzbeauftragter bestellten Rechtsanwalts (Oktober 2018)
Ein Rechtsanwalt war neben seiner anwaltlichen Tätigkeit als selbstständiger, extern bestellter Datenschutzbeauftragter (DSB) tätig. Bei Abgabe seiner Steuererklärungen vertrat er die Auffassung, als DSB freiberuflich tätig zu sein. Das Finanzamt hingegen ordnete diese Tätigkeit als gewerblich ein und setzte Gewerbesteuermessbeträge fest. Das Finanzgericht München folgte dieser Beurteilung. Als DSB übe der Steuerpflichtige keine im Einkommensteuergesetz aufgezählte freiberufliche Tätigkeit (Katalogberufe) aus, insbesondere nicht die eines Rechtsanwalts oder eine diesem Berufsbild ähnliche Tätigkeit. Vielmehr handele es sich bei dem Beruf des DSB um ein eigenständiges Berufsbild.
Die Beratungstätigkeit des DSB setze neben betriebswirtschaftlichen Grundkenntnissen in erheblichem Umfang Kenntnisse aus anderen Wissenschaftsbereichen voraus, wie u. a. umfangreiche juristische Kenntnisse zum Datenschutzrecht sowie weitreichende technische und pädagogische Kenntnisse und Fähigkeiten. Folglich sei ein selbstständiger, externer DSB gewerblicher Unternehmer und als solcher dazu verpflichtet, Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu machen, wenn die Voraussetzungen, wie beispielsweise hier ein Gewinn von mehr als 60.000 €, vorliegen.
Der Bundesfinanzhof muss abschließend entscheiden.
Haftung für Schäden durch defekte Autowaschanlage (Oktober 2018)
Der Betreiber einer Waschstraße hat grundsätzlich nur für schuldhafte Pflichtverletzungen einzustehen. Er haftet deshalb nicht für Beschädigungen, die durch den Gebläsebalken einer Waschstraße verursacht werden, dessen Sensor defekt ist. Zwar ist in der Regel zu vermuten, dass die Schadensursache im Organisations- und Gefahrenbereich des Betreibers liegt, wenn kein Fehlverhalten des Nutzers oder ein Defekt des Fahrzeugs vorlagen.
In dem vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschiedenen Fall konnte der Betreiber aber nachweisen, dass die Beschädigung durch einen Fehler in der Programmierung des Gebläsebalkens verursacht wurde, den er nicht erkennen konnte und ihn deshalb kein Verschulden traf. Unberührt von dieser Entscheidung bleiben mögliche Ansprüche des Geschädigten gegen den Hersteller der Waschanlage.
Gewerbesteuerliche Hinzurechnung bei Anmietung von Räumlichkeiten und Requisiten zur Herstellung von Filmen (Oktober 2018)
Mietet ein Gewerbetreibender bewegliche oder unbewegliche Wirtschaftsgüter an und wären diese seinem Anlagevermögen zuzurechnen, wenn er sie erworben hätte, werden die Aufwendungen zur Ermittlung des Gewerbeertrags zum Teil wieder hinzugerechnet, wenn sie bei der Gewinnermittlung abgezogen wurden.
Nach Auffassung des Finanzgerichts Berlin?Brandenburg gehören bei einem Filmproduktionsunternehmen Räumlichkeiten, technische Ausstattung, Requisiten, Kostüme, Beleuchtungsgeräte, Lampen etc. zum Anlagevermögen. Dies gilt auch dann, wenn jeder Film an einem anderen Drehort mit unterschiedlicher technischer Ausrüstung, anderen Requisiten und Kostümen gedreht wird. Dass die angemieteten Gegenstände und Kulissen jeweils nur für einen Film genutzt werden und deshalb keinen Wert für andere Filme des Unternehmens haben, schließe eine Hinzurechnung nicht aus.
Der Bundesfinanzhof muss abschließend entscheiden.
Gewerbliche Tätigkeit eines als externer Datenschutzbeauftragter bestellten Rechtsanwalts (Oktober 2018)
Ein Rechtsanwalt war neben seiner anwaltlichen Tätigkeit als selbstständiger, extern bestellter Datenschutzbeauftragter (DSB) tätig. Bei Abgabe seiner Steuererklärungen vertrat er die Auffassung, als DSB freiberuflich tätig zu sein. Das Finanzamt hingegen ordnete diese Tätigkeit als gewerblich ein und setzte Gewerbesteuermessbeträge fest.
Das Finanzgericht München folgte dieser Beurteilung. Als DSB übe der Steuerpflichtige keine im Einkommensteuergesetz aufgezählte freiberufliche Tätigkeit (Katalogberufe) aus, insbesondere nicht die eines Rechtsanwalts oder eine diesem Berufsbild ähnliche Tätigkeit. Vielmehr handele es sich bei dem Beruf des DSB um ein eigenständiges Berufsbild. Die Beratungstätigkeit des DSB setze neben betriebswirtschaftlichen Grundkenntnissen in erheblichem Umfang Kenntnisse aus anderen Wissenschaftsbereichen voraus, wie u. a. umfangreiche juristische Kenntnisse zum Datenschutzrecht sowie weitreichende technische und pädagogische Kenntnisse und Fähigkeiten.
Folglich sei ein selbstständiger, externer DSB gewerblicher Unternehmer und als solcher dazu verpflichtet, Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu machen, wenn die Voraussetzungen, wie beispielsweise hier ein Gewinn von mehr als 60.000 €, vorliegen.
Der Bundesfinanzhof muss abschließend entscheiden.
Gewerbliche Tätigkeit eines als externer Datenschutzbeauftragter bestellten Rechtsanwalts (Oktober 2018)
Ein Rechtsanwalt war neben seiner anwaltlichen Tätigkeit als selbstständiger, extern bestellter Datenschutzbeauftragter (DSB) tätig. Bei Abgabe seiner Steuererklärungen vertrat er die Auffassung, als DSB freiberuflich tätig zu sein. Das Finanzamt hingegen ordnete diese Tätigkeit als gewerblich ein und setzte Gewerbesteuermessbeträge fest.
Das Finanzgericht München folgte dieser Beurteilung. Als DSB übe der Steuerpflichtige keine im Einkommensteuergesetz aufgezählte freiberufliche Tätigkeit (Katalogberufe) aus, insbesondere nicht die eines Rechtsanwalts oder eine diesem Berufsbild ähnliche Tätigkeit. Vielmehr handele es sich bei dem Beruf des DSB um ein eigenständiges Berufsbild. Die Beratungstätigkeit des DSB setze neben betriebswirtschaftlichen Grundkenntnissen in erheblichem Umfang Kenntnisse aus anderen Wissenschaftsbereichen voraus, wie u. a. umfangreiche juristische Kenntnisse zum Datenschutzrecht sowie weitreichende technische und pädagogische Kenntnisse und Fähigkeiten.
Folglich sei ein selbstständiger, externer DSB gewerblicher Unternehmer und als solcher dazu verpflichtet, Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu machen, wenn die Voraussetzungen, wie beispielsweise hier ein Gewinn von mehr als 60.000 €, vorliegen.
Der Bundesfinanzhof muss abschließend entscheiden.
Differenzbesteuerung für Reiseleistungen (Oktober 2018)
Im deutschen Umsatzsteuerrecht gibt es eine Sonderregelung für Reiseleistungen. Als Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer gilt die Differenz zwischen Reiseerlösen und Reisevorleistungen. Voraussetzung für die Anwendung dieser Differenzbesteuerung ist, dass der die Leistung ausführende Unternehmer (Reisebüro) im eigenen Namen auftritt und Reisevorleistungen in Anspruch nimmt. Reisevorleistungen sind Leistungen Dritter, die dem Reisenden unmittelbar zugutekommen. Die Reiseleistung darf nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers bestimmt sein. Vielmehr ist die Sonderregelung derzeit auf Leistungen an private Endverbraucher beschränkt.
Der Gerichtshof der Europäischen Union sieht das anders. Auch unternehmerisch in Anspruch genommene Reiseleistungen können der Differenzbesteuerung unterliegen. Die derzeitige deutsche Regelung widerspricht europäischem Recht und muss daher geändert werden.
Auch die Regelungen zur Ermittlung der umsatzsteuerpflichtigen Differenz sind europarechtswidrig. Deutschland gestattet den Reisebüros, Margen für bestimmte Gruppen von Reiseleistungen zu bilden oder die Marge sämtlicher unter die Sonderregelung fallender Reiseleistungen als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Auch das widerspricht den europäischen Vorgaben. Diese Vereinfachungen müssen daher künftig entfallen.
Einkünfte aus einem ruhenden Gewerbebetrieb stellen grundsätzlich gewerbliche Einkünfte dar (Oktober 2018)
Ist die Tätigkeit einer Kommanditgesellschaft den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzuordnen, sind die daraus resultierenden Einnahmen dennoch als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren, wenn die vermietete Immobilie dem Betriebsvermögen eines Gewerbebetriebs zuzuordnen ist. Denn ist dieser Gewerbebetrieb (noch) nicht aufgegeben, sondern nur unterbrochen, gehören die Einkünfte auf Grundlage dieses ruhenden Gewerbebetriebs dennoch zu den gewerblichen Einkünften.
Von einer Betriebsaufgabe ist nur dann auszugehen, wenn die bisher ausgeübte Tätigkeit aufgrund eines eindeutigen Entschlusses des Unternehmens, den Betrieb aufzugeben, endgültig eingestellt wird. Stellt das Unternehmen nur seine werbende gewerbliche Tätigkeit ein, führt das nicht zwangsläufig zu einer Betriebsaufgabe. Die Einstellung ist als Betriebsunterbrechung zu sehen und es ist von einem Fortbestand des Betriebs auszugehen.
(Quelle: Urteil des Bundesfinanzhofs)
Betriebsausgabenabzug nur für betriebsbezogene Grundschuldbelastungen (Oktober 2018)
Nur durch den Betrieb veranlasste Aufwendungen sind als Betriebsausgaben abzugsfähig. Aus diesem Grund kann eine eingeräumte Sicherheit für fremde Verbindlichkeiten ohne Bezug zum Betrieb nicht zu abzugsfähigen Betriebsausgaben führen. Dies gilt auch für die Einräumung von und Folgebelastungen durch Grundschuldbestellungen für Gesellschaften im Konzernverbund ohne geschäftliche Beziehung zueinander.
Diese Beurteilung des Bundesfinanzhofs hatte schwerwiegende Folgen für das dem Konzern E angehörende Unternehmen A. Es verpachtete dem zum Konzernverbund gehörenden Unternehmen B ein Grundstück. Außerdem ließ es die Eintragung einer Grundschuld an diesem Grundstück für eine Bank zu, die dem Konzernunternehmen C Kredite gewährt hatte.
Der Konzern geriet in die Insolvenz. Daraufhin beantragte die Bank aus der Grundschuld die Zwangsverwaltung für das Grundstück des A. Demzufolge wurden die Mieteinnahmen des A aus der Grundstücksvermietung an B unmittelbar an die Bank ausgezahlt. Aus diesem Grund erfasste A in seiner Buchhaltung keine Mieteinnahmen.
Nach Auffassung des Gerichts waren die Mieteinnahmen des A als Betriebseinnahmen zu erfassen. Die Auskehrung der Mieten an den Grundpfandgläubiger ist als Entnahme zu behandeln. Ein Betriebsausgabenabzug für die an die Bank ausgezahlten Mieten hätte sich nur ergeben können, wenn die Einräumung oder Abtretung der Grundschuld durch den Betrieb des A veranlasst gewesen wäre.
Bilanzierung unter Beachtung ausländischen Rechts (Oktober 2018)
Eine deutsche Fondsgesellschaft produzierte einen Spielfilm, für den sie einem Vertriebsunternehmen die weltweiten Verwertungsrechte einräumte. Der Vertrag unterlag dem Recht des US-Bundesstaats Kalifornien. Das Vertriebsunternehmen hatte fixe jährliche Lizenzzahlungen und variable, umsatzabhängige Zahlungen sowie eine Schlusszahlung zu leisten. Letztere erhielt das Unternehmen infolge der Nichtausübung einer eingeräumten Kaufoption.
Es gab Streit bezüglich der Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums am Filmurheberrecht. Das Finanzgericht legte den Vertrag entsprechend der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs aus. Danach lag ein Lizenzvertrag vor. Es rechnete das wirtschaftliche Eigentum dem Vertriebsunternehmen zu. Die Schlusszahlung war somit zu aktivieren und als Entgelt für die Überlassung der Verwertungsrechte gleichmäßig über die Laufzeit des Lizenzvertrags zu verteilen.
Das entspricht zwar dem geltenden deutschen Recht. Doch der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass der Vertrag nach kalifornischem Recht auszulegen und dabei die Anwendung der ausländischen Rechtsnormen in der Praxis zu ermitteln ist. Nur wenn die im Vertrag verwendeten Begriffe nach dem für den Vertrag geltenden ausländischen Recht die gleiche Bedeutung wie im deutschen Recht haben, kann die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs direkt angewendet werden.
Berichtigung eines Einkommensteuerbescheids bei Eintragung unter einer falschen Kennziffer durch den Steuerpflichtigen (September 2018)
Trägt ein Steuerpflichtiger die Altersvorsorgeaufwendungen der Basisversorgung in seiner Steuererklärung irrtümlich in einer falschen Spalte ein und hat dies eine verminderte Abzugsfähigkeit der entsprechenden Aufwendungen zur Folge, kann der bestandskräftige Einkommensteuerbescheid unter bestimmten Voraussetzungen geändert werden.
Ein Notar hatte seine Einkommensteuererklärungen selbst bearbeitet und die Beiträge zum Versorgungswerk in der Anlage „Vorsorgeaufwand“ irrtümlich in der Spalte „Rentenversicherungen ohne Kapitalwahlrecht“ eingetragen. Entsprechende Bescheinigungen des Versorgungswerks waren den Steuererklärungen beigefügt. Erst nach Bestandskraft der jeweiligen Steuerbescheide erkannte er den Fehler und beantragte die Berichtigung der Bescheide mit der Begründung, es läge eine offenbare Unrichtigkeit vor. Das Finanzamt lehnte dies mit dem Hinweis ab, es handele sich um einen Rechtsanwendungsfehler.
Das Finanzgericht Düsseldorf schloss sich der Auffassung des Notars an. Es sei dem Finanzamt aufgrund der vorgelegten Bescheinigungen ohne weitere Sachverhaltsermittlung möglich gewesen, den Fehler zu erkennen.
Berücksichtigung einer zukünftigen Steuerbelastung bei den Wertfeststellungen für Zwecke der Erbschaftsteuer (September 2018)
Die zukünftige ertragsteuerliche Belastung aufgrund einer im Bewertungszeitpunkt nur beabsichtigten, aber noch nicht beschlossenen Liquidation einer Kapitalgesellschaft ist bei der Ermittlung des Substanzwerts nicht wertmindernd zu berücksichtigen.
Der Unternehmensgegenstand einer GmbH waren der Erwerb, die Verwaltung, die Veräußerung von Grundstücken und die Erstellung von Wohnungen. Als deren Alleingesellschafterin verstarb, ging ihr Anteil auf den bisherigen Mitgeschäftsführer über. Bereits lange vor dem Tod gab es keinen operativen Geschäftsbetrieb mehr. Zwei Jahre nach dem Tod beschloss der neue Alleingesellschafter die Liquidation. Die in diesem Zusammenhang anfallenden Steuern wollte er aufgrund der bereits beabsichtigten Liquidation daher bei der Feststellung des Werts der Anteile an der GmbH im Zeitpunkt der Erbschaft wertmindernd berücksichtigen.
Dies lehnte der Bundesfinanzhof ab. Steuern, die aufgrund einer Liquidation und der damit zusammenhängenden Aufdeckung stiller Reserven entstehen könnten, sind weder als Verbindlichkeiten noch als Rückstellungen in der Steuerbilanz auszuweisen. Die Steuern sind zu diesem Zeitpunkt noch nicht entstanden. Auch ist ihr Entstehen nicht überwiegend wahrscheinlich, da sich bei einer lediglich beabsichtigten Liquidation nicht absehen lässt, ob, wann und in welcher Höhe es zu einer tatsächlichen steuerlichen Belastung kommen wird.
Berücksichtigung von Sanierungskosten bei Ermittlung des Ertragswerts eines bebauten Grundstücks (September 2018)
Der Verkehrswert von Mietwohngrundstücken ist für steuerliche Zwecke regelmäßig im Ertragswertverfahren zu ermitteln. Bauschäden sind in diesem Verfahren nur insoweit zu berücksichtigen, als sie sich auf den Verkehrswert auswirken. Hat ein bebautes Grundstück trotz hohen Alters eine notwendige durchgreifende Sanierung nicht erfahren, liegt ein Bauschaden vor. In diesem Fall ist im Rahmen der Wertermittlung u. a. bei den nachhaltig erzielbaren Erträgen von einem mangelfreien Objekt auszugehen und das Ergebnis der Wertermittlung um die aufzuwendenden Kosten zu mindern.
Wurde dem schlechten Zustand des Gebäudes im Ertragswertverfahren bei Erträgen, Bewirtschaftungskosten und Restnutzungsdauer nicht Rechnung getragen, können Instandsetzungskosten (Sanierungskosten) durch Abschläge zu berücksichtigen sein. Diese können z. B. bei zwingend erforderlichen Maßnahmen in voller Höhe berücksichtigt werden, wenn sich aus einem Gutachten ergibt, wie sich die Mängel und Schäden konkret auf den Verkehrswert auswirken.
Folglich können Sanierungskosten nur dann verkehrswertmindernd berücksichtigt werden, wenn bei den nachhaltig erzielbaren Erträgen nicht die derzeit erzielten Erträge, sondern die nach Sanierung erzielbaren Erträge angesetzt werden. Berücksichtigt ein Sachverständigengutachten diese Wechselwirkung nicht, ist es methodisch fehlerhaft und unbeachtlich.
(Quelle: Urteil des Bundesfinanzhofs)
Aufteilung des Kaufpreises auf Grundstück und Gebäude regelmäßig nach Sachwertverfahren (September 2018)
Wird ein bebautes Grundstück gekauft, ist der Kaufpreis auf die anteiligen Werte des Grund und Bodens und des Gebäudes aufzuteilen, weil die Gebäudeabschreibung nur für die auf das Gebäude entfallenden Anschaffungskosten geltend gemacht werden kann. Die anteiligen Werte können nach der Immobilienwertermittlungsverordnung ermittelt werden. Diese kennt drei Bewertungsverfahren: Vergleichswert, Ertragswert und Sachwert.
Der Bundesfinanzhof favorisiert die Aufteilung nach dem Sachwertverfahren.
Nur bei Grundstücken, die Gewerbe- und Wohnzwecken dienen, kann im Einzelfall ausnahmsweise auch das Ertragswertverfahren angewendet werden, wenn es die tatsächlichen Wertverhältnisse besser abbildet.
Tipp: Ist der Kaufpreis bereits im Kaufvertrag aufgeteilt, muss das Finanzamt dies akzeptieren, wenn die Aufteilung grundsätzlich den realen Wertverhältnissen entspricht und wirtschaftlich haltbar erscheint.
Aufwendungen für Jubiläums-Wochenende können als Betriebsausgaben abzugsfähig sein (September 2018)
Ein Verein mit gewerblichen Einkünften feierte sein 25?jähriges Bestehen von Freitag bis Sonntag in aufwendigem Rahmen mit 450 Personen (Vereinsmitglieder, Geschäftspartner und Arbeitnehmer). Die Gesamtkosten betrugen 240.000 €. Neben der Vorstandssitzung, der Mitgliederversammlung und der Jubiläumsveranstaltung gab es ein umfangreiches Rahmenprogramm, wie Beachparty, Jubiläumsmarkt und Schifffahrt auf dem Rhein mit Abendessen. Der Verein bezahlte auch alle Übernachtungskosten. Die auf Übernachtungen und Rahmenprogramm entfallenden Kosten behandelte das Finanzamt als nicht abzugsfähige Aufwendungen für Geschenke, weil sie je Person mehr als 35 € betrugen.
Das Finanzgericht Münster kam aufgrund von Zeugenbefragungen zu dem Ergebnis, dass das Jubiläums-Wochenende nur der Kontaktpflege und dem fachlichen Gedankenaustausch der Teilnehmer diente. Es konnte keinen Geschenkecharakter in den Kosten für Übernachtung und Rahmenprogramm erkennen. Nach Auffassung des Gerichts waren diese deswegen als Betriebsausgaben abzugsfähig.
Aufgabe eines landwirtschaftlichen Betriebs durch Übertragung sämtlicher landwirtschaftlicher Nutzflächen (September 2018)
Werden sämtliche landwirtschaftlichen Nutzflächen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge an mehrere Rechtsnachfolger unentgeltlich übertragen, gilt der landwirtschaftliche Betrieb als aufgegeben.
Ein Land- und Forstwirt übertrug seinen ruhenden (verpachteten) Betrieb, aus dem er Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielte, im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf eine Tochter und zwei Enkelkinder. Das Finanzamt ging von einer Betriebsaufgabe aus und erfasste bei der Einkommensteuerfestsetzung des betreffenden Veranlagungszeitraums einen Aufgabegewinn.
Der Bundesfinanzhof hat dies bestätigt. Demnach liegt bei einer Übertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge eine Betriebsaufgabe vor, wenn die Rechtsnachfolger nicht mitunternehmerisch verbunden sind. Da der Übertragende nur über einen ruhenden Betrieb verfügte, der nicht aus mehreren Teilbetrieben bestand, war auch nicht von der Übertragung solcher Teilbetriebe auszugehen, die zu Buchwerten hätten fortgeführt werden können.
Förmliche Zustellung von Briefsendungen als Teilbereich der Post-Universaldienstleistungen (September 2018)
In zwei Verfahren zweifelt der Bundesfinanzhof an der Umsatzsteuerpflicht der förmlichen Zustellung von Postsendungen und hat dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorgelegt, ob die Durchführung der förmlichen Zustellung von Schriftstücken nach öffentlich?rechtlichen Vorschriften eine Leistung des postalischen Universaldienstes ist. Das Umsatzsteuergesetz ordnet eine Umsatzsteuerfreiheit sog. Post-Universaldienstleistungen an.
Es soll geklärt werden, ob es sich bei der förmlichen Zustellung von Schriftstücken nach den Vorschriften der Prozessordnungen um eine Post-Universaldienstleistung handelt und diese Leistung steuerfrei ist. Die Finanzverwaltung sieht derartige Leistungen allgemein als umsatzsteuerpflichtig an.
Die Umsatzsteuerfreiheit bezieht sich auf postalische Dienstleistungen, die den grundlegenden Bedürfnissen der Bevölkerung entsprechen und damit den gesamten Universalpostdienst in einem Mitgliedstaat gewährleisten. Darunter könnten auch förmliche Zustellungen wie im behördlichen Postverkehr fallen.
Immerhin dienen sie der nachprüfbaren Zustellung amtlicher Schreiben, ermöglichen die nachprüfbare Zustellung von Klage- und Antragsschriften oder die Zustellung gerichtlicher Entscheidungen. Sie sind daher unabdingbar für ein geordnetes Verwaltungs- und Gerichtsverfahren.
Geltendmachung ausländischer Umsatzsteuer nur im besonderen Vergütungsverfahren (September 2018)
Zahlt ein in Deutschland ansässiger Unternehmer in einem anderen EU-Mitgliedstaat Umsatzsteuer, kann er diese nur in einem besonderen Vergütungsverfahren erstattet verlangen.
Es besteht kein Wahlrecht, die Steuer im Rahmen der deutschen Umsatzsteuererklärung geltend zu machen. Zuständig für das besondere Vergütungsverfahren ist das Bundeszentralamt für Steuern.
(Quelle: Beschluss des Bundesfinanzhofs)
Als Werbungskosten abzugsfähige Schuldzinsen bei Umschuldung eines Fremdwährungsdarlehns mit Verlust (September 2018)
Entsteht bei der Umschuldung eines zum Erwerb einer selbst genutzten Wohnung aufgenommenen Fremdwährungsdarlehns ein Verlust, sind bei einer späteren Vermietung dieser Wohnung auch nur die Schuldzinsen für den Teil des Darlehns abziehbar, der den ursprünglichen Anschaffungskosten der Wohnung entspricht.
Die Erwerber einer Eigentumswohnung finanzierten die Anschaffungskosten mit einem Fremdwährungsdarlehn in Schweizer Franken. Der ursprüngliche Darlehnsbetrag im Wert von 105.000 € entsprach den Anschaffungskosten. Aufgrund der Kursentwicklung des Schweizer Franken zum Euro erhöhte sich die Darlehnsschuld auf ca. 139.000 €. Dieses Darlehn wurde mit einem Bausparkredit in gleicher Höhe abgelöst und die Eigentumswohnung nachfolgend vermietet. Die Eigentümer machten die Zinsen für das Bauspardarlehn in voller Höhe als Werbungskosten geltend. Dem ist das Finanzamt nicht gefolgt.
Es berücksichtigte nur die anteiligen Zinsen für das Darlehn, soweit sie auf die ursprünglichen Anschaffungskosten von 105.000 € entfielen.
Das Finanzgericht Münster teilte die Auffassung des Finanzamts.
Der Bundesfinanzhof muss abschließend entscheiden.
Änderung eines Steuerbescheids bei Berücksichtigung einer Provisionszahlung beim Empfänger als steuerpflichtiges Einkommen (September 2018)
Widerstreitende Steuerfestsetzungen sind auf Antrag unter bestimmten Voraussetzungen zu ändern. Eine widerstreitende Steuerfestsetzung liegt vor, wenn in zwei oder mehreren Steuerbescheiden aus einem Sachverhalt widersprüchliche steuerrechtliche Konsequenzen gezogen werden.
Das Finanzgericht Hamburg hatte folgenden Fall zu entscheiden: Eine KG zahlte an eine GmbH Provisionen. Den Betriebsausgabenabzug lehnte das Finanzgericht in einem vorherigen Verfahren ab, da die KG die betriebliche Veranlassung der Zahlungen nicht darlegen konnte.
Die GmbH besteuerte die vereinnahmten Provisionen zunächst nicht. Erst in einem Verfahren wegen Steuerhinterziehung wurde die Versteuerung bei den Gesellschaftern der GmbH vorgenommen.
Die KG beantragte daraufhin in einem Antrag auf Prozesskostenhilfe erneut die Berücksichtigung der Provisionszahlungen als Betriebsausgaben. Da die Provisionen bei den Gesellschaftern der GmbH als steuerpflichtige Einkünfte behandelt worden seien, müsse bei ihr der Betriebsausgabenabzug zugelassen werden.
Diesem Antrag folgte das Finanzgericht nicht. Eine Versteuerung beim Empfänger führt nicht dazu, dass beim Zahlenden der entsprechende Betriebsausgabenabzug im Wege der Änderung des ihm gegenüber bereits (rechtskräftig) ergangenen Steuerbescheids zu gewähren wäre.
Angebliches Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit (September 2018)
Die auf das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit gestützte fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers, der seit 49 Jahren ohne Beanstandungen für seinen Arbeitgeber tätig war, ist unwirksam. Bei einer so langen Betriebszugehörigkeit ist es dem Arbeitgeber zumutbar, zumindest bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist an dem Arbeitsverhältnis festzuhalten. Eine hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung ist unwirksam, wenn der Nachweis, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht oder sich genesungswidrig verhalten hat, nicht geführt werden kann.
Dies hat das Landesarbeitsgericht Rheinland?Pfalz im Fall eines langfristig beschäftigten Werkzeugmachers entschieden, der am Knie operiert worden war und für die darauffolgenden Tage eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eingereicht hatte. Sein Arbeitgeber misstraute ihm und beauftragte eine Detektei mit seiner Beobachtung. Infolge des Berichts der Detektei, der Arbeitnehmer habe während seiner Krankschreibung in seinem nebengewerblich betriebenen Weinbaubetrieb Tätigkeiten verrichtet, kündigte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer fristlos, hilfsweise ordentlich.
Das Gericht erklärte die Kündigung für unverhältnismäßig. Der Bericht der Detektei sei zu vage, um den Nachweis eines vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers zu führen.
Anspruch auf Kita-Platz ist per einstweiliger Anordnung durchsetzbar (September 2018)
In einem vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein?Westfalen entschiedenen Fall haben Eltern eines knapp zweijährigen Kinds im Wege einer einstweiligen Anordnung erwirkt, dass ihr Kind vorläufig in einer Kindertageseinrichtung betreut wird. Der Platz war den Eltern zuvor von der Stadt Münster verweigert worden.
Nach Auffassung des Gerichts war das Verfahren der Stadt Münster zur Vergabe der Betreuungsplätze in Kindertagesstätten nicht ordnungsgemäß. Die von der Stadt bei der Vergabe der Plätze herangezogenen Kriterien eröffneten zum Teil weitreichende Wertungsspielräume.
Durch den Umstand, dass die Leitungen der jeweiligen Kindertageseinrichtungen über die Vergabe der Plätze selbst zu entscheiden hatten, war die unterschiedliche Handhabung der Kriterien in den einzelnen Einrichtungen abzusehen. Hinzu kommt die den Kita-Leitungen eingeräumte Möglichkeit, Plätze im Einzelfall unabhängig von der Erfüllung der Aufnahmekriterien zu vergeben. Für solche Einzelfallentscheidungen hatte die Stadt keinerlei Voraussetzungen festgelegt.
Betriebsausgabenabzug von Zahlungen des Franchisenehmers für Werbeleistungen (August 2018)
Franchising ist ein auf Partnerschaft basierendes Absatzsystem mit dem Ziel der Verkaufsförderung. Der sog. Franchisegeber übernimmt die Planung, Durchführung und Kontrolle eines bestimmten Betriebstyps. Er erstellt ein unternehmerisches Gesamtkonzept, das von seinen Geschäftspartnern, den Franchisenehmern, selbstständig an ihrem Standort umgesetzt wird. Der Franchisenehmer ist rechtlich Händler im eigenen Namen und auf eigene Rechnung.
In einem Partnerschaftsvertrag hatte sich Franchisenehmer A verpflichtet, für überregionale Werbung jährlich einen Festbetrag an den Franchisegeber B zu zahlen. A erwarb dadurch unmittelbar einen Anspruch auf überregionale Werbeleistungen durch B.
A setzte die Zahlungen für die Werbeleistungen sofort als Betriebsausgaben an. Das Finanzamt dagegen war der Auffassung, dass es sich um einen schwebenden Vertrag handele und aktivierte die gezahlten Gebühren als Anzahlungen, da die bei B vereinnahmten Gelder möglicherweise auch für Werbemaßnahmen der Folgejahre verwendet würden.
Das Finanzgericht Köln gab dem A Recht: Zahlungen eines Franchisenehmers für laufende überregionale Werbeleistungen sind nicht als geleistete Anzahlungen zu aktivieren, sondern sofort als Betriebsausgaben abzugsfähig.
Der Bundesfinanzhof muss möglicherweise abschließend entscheiden.
Billigkeitserlass von Nachzahlungszinsen bei freiwilliger Zahlung (August 2018)
Eine Kapitalgesellschaft hatte während einer Betriebsprüfung freiwillige Körperschaftsteuerzahlungen für den Prüfungszeitraum entrichtet. Nach Abschluss der Betriebsprüfung erließ das Finanzamt geänderte Körperschaftsteuerbescheide und setzte Nachzahlungszinsen fest. Daraufhin beantragte die Gesellschaft für einen Teil der Nachzahlungszinsen im Zeitraum vom 30. April 2007 (Zahltag) bis zum 29. November 2010 (Tag des Wirksamwerdens der Steuerfestsetzung) – d. h. für 43 volle Monate – Erlass aus Billigkeitsgründen. Das Finanzamt gab dem Antrag nur teilweise statt und ging unter Hinweis auf eine entsprechende Verwaltungsanweisung von einem Zinslauf von 42 Monaten aus. Nach dieser Anweisung beginne der „fiktive Zinslauf“ erst am Tag nach der Zahlung.
Der Bundesfinanzhof entschied, dass zur Ermittlung des Erlassbetrags für den Beginn des „fiktiven Zinslaufs“ der Tag der freiwilligen Zahlung einzubeziehen ist. Damit waren 43 Monate als Berechnungsgrundlage zutreffend.
Drohung mit Amoklauf oder Selbstmord als Kündigungsgrund (August 2018)
Droht ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber wegen einer geplanten Veränderung seines Arbeitsverhältnisses mit einem Amoklauf oder damit, sich das Leben zu nehmen, so kann dies eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Das gilt auch dann, wenn eine derartige Drohung während eines Wiedereingliederungsgesprächs erfolgt. Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Es ging um den Mitarbeiter einer Baubehörde, der zunächst als Straßenwärter gearbeitet hatte. Nachdem von ärztlicher Seite empfohlen worden war, ihn so nicht mehr einzusetzen, arbeitete er einige Zeit im Büro. Als ihm im Rahmen eines Wiedereingliederungsgesprächs eröffnet wurde, man denke über einen erneuten Einsatz als Straßenwärter nach, äußerte er, er könne nicht garantieren, dass er nicht wieder krank werde, sich umbringe oder Amok laufen werde. Dabei wies er auf seine Mitgliedschaft in einem Schützenverein hin und erklärte, dass er zum Glück noch nicht über einen Waffenschein verfüge. Daraufhin kündigte ihm sein Arbeitgeber fristlos.
Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts sind die Drohungen „an sich“ geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen, sofern sie als ernstlich zu beurteilen sind. Ob der Drohende seine Ankündigung verwirklichen kann oder will, ist nicht entscheidend.
Ende der Berufsausbildung bei gesetzlich festgelegter Ausbildungszeit (August 2018)
Für ein volljähriges Kind, das das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, kann Kindergeld gewährt werden, solange es sich in Berufsausbildung befindet. Schließt die Ausbildung mit einer Prüfung ab, endet die Berufsausbildung grundsätzlich spätestens mit Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses. Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht, wenn das Ende der Berufsausbildung durch eine Rechtsvorschrift festgelegt wird, wie der Bundesfinanzhof entschied.
Zwar endet nach dem Berufsbildungsgesetz eine Berufsausbildung vor Ablauf der Ausbildungszeit mit Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses. Bei einer Ausbildung an einer dem Landesrecht unterstehenden berufsbildenden Schule jedoch gelten die landesrechtlichen Rechtsverordnungen. Sehen diese ein gesetzlich festgelegtes Ausbildungsende vor, ist bis dahin Kindergeld zu zahlen.
Entschädigung wegen unangemessen langer Verfahrensdauer (August 2018)
Verzögert sich ein Gerichtsverfahren unangemessen lange, steht dem Betroffenen eine angemessene Entschädigung zu. Ein Anspruch auf Entschädigung entsteht für den Betroffenen aber nur dann, wenn er die Dauer des Verfahrens bei dem mit der Sache befassten Gericht rügt (Verzögerungsrüge). Die Klage zur Durchsetzung des Anspruchs kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge und spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, erhoben werden.
Verfahrensrechtlich ist die Verzögerungsklage beim Bundesfinanzhof zu erheben, der sie an das beklagte Finanzgericht zustellt. Maßgeblich für die Wahrung der Klagefrist ist nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs der Zeitpunkt der Klageerhebung und nicht der Eintritt der Rechtshängigkeit. Letztere tritt erst mit der Zustellung beim beklagten Finanzgericht ein.
Der Regelbetrag für eine Entschädigung beträgt 1.200 € für jedes Jahr der Verzögerung. Das Gericht kann aber auch einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ist es dem Kläger zuzumuten, bereits einen bestimmten betragsmäßig bezifferten Klageantrag zu stellen.
Besonderes Kirchgeld bei glaubensverschiedenen Ehegatten (August 2018)
Ein besonderes Kirchgeld bei glaubensverschiedenen Ehegatten wird auch dann erhoben, wenn das Kirchenmitglied zwar über ein eigenes Einkommen verfügt, die Kirchensteuer vom Einkommen aber niedriger ist als das besondere Kirchgeld.
Das Finanzgericht Düsseldorf hatte den Fall eines Ehepaars entschieden, die beide Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielten. Der Ehemann gehörte keiner kirchensteuererhebenden Konfession an. Die Ehefrau erzielte Bruttoarbeitslohn in geringer Höhe, wobei Kirchensteuer einbehalten und abgeführt wurde. Die Eheleute vertraten die Ansicht, dass bei dieser Konstellation die Festsetzung eines besonderen Kirchgelds nicht rechtmäßig sei.
Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass auch in einem solchen Fall ein besonderes Kirchgeld festgesetzt werden kann. Dieses wird nach Maßgabe einer besonders festzulegenden Steuertabelle erhoben. Dabei ist es grundsätzlich verfassungsgemäß, dass sich die Leistungsfähigkeit des kirchenangehörigen Ehegatten zur Bemessung des Kirchgelds am Einkommen beider Ehegatten orientiert.
Besteuerung der unentgeltlichen Überlassung eines Dienstwagens an Gesellschafter-Geschäftsführer (August 2018)
Die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung führt zu einem steuerpflichtigen geldwerten Vorteil. Ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer den Pkw tatsächlich privat nutzt, spielt hierfür grundsätzlich keine Rolle. Das gilt auch für angestellte Gesellschafter-Geschäftsführer.
Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung hatte das Finanzamt festgestellt, dass eine GmbH für ihre beiden Gesellschafter-Geschäftsführer den geldwerten Vorteil nach eigenem Ermessen ermittelt und der Lohnsteuer unterworfen hatte. Dies wurde damit begründet, dass die Fahrzeuge nur unregelmäßig privat genutzt würden und darüber hinaus auch private Kraftfahrzeuge zur Verfügung stünden.
Das Finanzgericht Hamburg machte noch einmal deutlich, dass grundsätzlich der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung nach der sog. 1 %?Regelung zu bewerten ist. Eine abweichende Bewertung komme nur dann in Frage, wenn ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt werde.
Aufwandsentschädigung eines ehrenamtlich tätigen Versicherungsberaters (August 2018)
Das Finanzgericht Nürnberg hat entschieden, dass die für die ehrenamtlich ausgeübte Tätigkeit eines Versicherungsberaters oder Versicherungsältesten gezahlten Vergütungen als Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit zu versteuern sind.
Den sog. Übungsleiterfreibetrag gewährte das Gericht nicht, da es sich bei dieser Tätigkeit im weitesten Sinne um eine beratende und nicht um eine pädagogische Tätigkeit handele. Der Übungsleiterfreibetrag ist u. a. bei nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher oder Betreuer zu gewähren.
Der vom Rentenversicherungsträger an den Berater gezahlte Pauschalbetrag für Zeitaufwand sei auch keine steuerfreie Aufwandsentschädigung. Eine solche liege nur vor, wenn ein tatsächlich entstandener Aufwand ersetzt werde.
Der Bundesfinanzhof muss möglicherweise abschließend entscheiden.
Berechnung der Entgeltfortzahlung für Krankheits- und Urlaubszeiten bei Rufbereitschaft (August 2018)
Ein Entgelt für die Inanspruchnahme während einer Rufbereitschaft ist in die Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheits- und Urlaubsfall einzubeziehen. So entschied das Bundesarbeitsgericht im Fall eines Oberarztes, auf dessen Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag anzuwenden war.
Laut Tarifvertrag sollten bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung variable Entgeltbestandteile als Durchschnitt auf der Basis der letzten drei vollen Kalendermonate, die dem Ereignis vorausgehen, herangezogen werden. Ausgenommen war dabei das Entgelt für Überstunden. Gemäß dem Tarifvertrag bemisst sich das Entgelt für die Inanspruchnahme während der Rufbereitschaft zwar nach den Regelungen für Überstunden. Nach Auffassung des Gerichts ist es aber trotzdem bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung zu berücksichtigen, weil der Tarifvertrag die Rufbereitschaft als eine besondere Form der Arbeitsleistung regelt.
Berücksichtigung von Eingliederungshilfe bei der Ermittlung des behinderungsbedingten Mehrbedarfs eines volljährigen Kinds (August 2018)
Ein Vater beantragte für seinen schwerbehinderten, volljährigen Sohn Kindergeld. Der Sohn könne seinen Lebensunterhalt trotz seines Einkommens wegen der hohen behinderungsbedingten Kosten nicht selbst bestreiten. Die Familienkasse lehnte den Antrag ab. Die finanziellen Mittel des Sohns überstiegen seinen notwendigen Lebensbedarf. Dabei berücksichtigte die Familienkasse als behinderungsbedingten Mehrbedarf nur das Pflegegeld (Stufe III).
Das Hessische Finanzgericht sah dies anders und gewährte Kindergeld. Für ein volljähriges Kind wird Kindergeld gezahlt, wenn es wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten und die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahrs eingetreten ist.
Ein Kind kann sich selbst unterhalten, wenn es seinen gesamten notwendigen Lebensunterhalt bestreiten kann. Dieser setzt sich aus dem allgemeinen Lebensbedarf und dem individuellen behinderungsbedingten Mehrbedarf zusammen. Hierzu gehören alle mit der Behinderung zusammenhängenden außergewöhnlichen Belastungen, wie u. a. Aufwendungen für die Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens und für die Pflege. Als Einzelnachweis seien sämtliche Leistungen nach dem SGB XII – auch die Eingliederungshilfe bei einem nicht voll- oder teilstationär untergebrachten behinderten Kind – sowie Pflegegeld aus der Pflegeversicherung zu berücksichtigen.
Der Bundesfinanzhof muss möglicherweise abschließend entscheiden.
Änderungskündigung bei Vorhandensein eines anderen Arbeitsplatzes (August 2018)
Wenn eine betriebliche Aufgabe wegfällt, kann der Arbeitgeber gegenüber dem Stelleninhaber eine betriebsbedingte Änderungskündigung aussprechen. Dies ist eine Kündigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses verbunden mit dem Angebot zur Eingehung eines neuen Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen, also z. B. mit neuen Aufgaben und geänderter Vergütung.
Eine solche Kündigung muss sich ggf. an den Vorschriften des Kündigungsschutzes messen lassen. Dabei verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vom Arbeitgeber, dass er im Fall des Vorhandenseins anderer freier Arbeitsplätze im Unternehmen diese dem Arbeitnehmer anbietet. Bestehen mehrere geeignete Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten, hat der Arbeitgeber denjenigen Arbeitsplatz anzubieten, dessen Arbeitsbedingungen sich am wenigsten von den bisherigen Verhältnissen entfernen.
Gemessen an diesem Maßstab verwarf das Landesarbeitsgericht Mecklenburg?Vorpommern die von einem Verein seinem früheren Qualitätsmanagementbeauftragten gegenüber ausgesprochene Änderungskündigung. Der Verein hatte ihm die Stelle einer Pflegefachkraft angeboten. Das Gericht stellte aber fest, es habe mehrere, dem Mitarbeiter nicht angebotene freie Arbeitsplätze gegeben, die das bisherige Arbeitsverhältnis in geringerem Maße verändert hätten. Die Kündigung war deshalb unwirksam.
Anliegerbeiträge zur Erstellung von Gehwegen und Straßenlaternen sind keine anzuerkennenden Handwerkerleistungen (August 2018)
Arbeitskosten für Handwerkerleistungen im Zuge der Durchführung von Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen mindern die Einkommensteuer auf Antrag um 20 % der Aufwendungen, max. um 1.200 € jährlich. Erforderlich ist u. a., dass die Aufwendungen im Haushalt des Steuerpflichtigen anfallen. Der Begriff „im Haushalt“ ist räumlich-funktional auszulegen und kann auch über die Grundstücksgrenzen hinausgehen.
Die begünstigungsfähigen Leistungen müssen jedoch im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und ihm dienen.
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hat das Finanzgericht Rheinland?Pfalz gezahlte Anliegerbeiträge zur Herstellung eines Bürgersteigs und zum Ausbau der Straßenbeleuchtung nicht als berücksichtigungsfähige Handwerkerleistungen angesehen. Anders als bei der Herstellung von Versorgungsanschlüssen an das öffentliche Versorgungsnetz handele es sich bei den infrage stehenden Arbeiten nicht um Maßnahmen für einen Zugang des Haushalts an die Ver- oder Entsorgungsinfrastruktur oder um einen Zugang zum öffentlichen Verkehrswegenetz. Nur derartige Maßnahmen stünden in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Haushalt. Im Gegensatz hierzu seien Straßenlaternen oder ein Bürgersteig für die Haushaltsführung nicht zwingend erforderlich und deshalb nicht berücksichtigungsfähig.
Ansammeln von Urlaubsansprüchen bei Unsicherheit über die Bezahlung (August 2018)
Streiten Arbeitnehmer und Arbeitgeber darüber, ob der Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub hat, ist es mit dem Unionsrecht nicht vereinbar, wenn der Arbeitnehmer erst Urlaub nehmen muss, ehe er feststellen kann, ob er für diesen Urlaub Anspruch auf Bezahlung hat.
Das Ziel des Urlaubsanspruchs liegt in der Erholung und Entspannung des Arbeitnehmers. Dieses Ziel kann nicht erreicht werden, wenn Unsicherheit in Bezug auf das ihm geschuldete Entgelt besteht. Solche Umstände können den Arbeitnehmer davon abhalten, seinen Jahresurlaub zu nehmen.
Weigert sich der Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer Urlaubszeiten zu vergüten, so muss der Arbeitnehmer die Möglichkeit haben, nicht ausgeübte Ansprüche auf bezahlten Urlaub zu übertragen und ggf. bis zum Zeitpunkt der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses anzusammeln.
(Quelle: Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union)
Aufteilung von Werbungskosten bei Dauertestamentsvollstreckung (August 2018)
Eine Tochter war Alleinerbin ihrer 2002 verstorbenen Mutter. Der Nachlass von etwa 5 Mio. Euro bestand zu 81 % aus Kapitalvermögen und zu 19 % aus vermieteten Immobilien. Die Mutter hatte testamentarisch angeordnet, dass der Testamentsvollstrecker für seine Tätigkeit jährlich 1,5 % des Bruttonachlasses erhalten sollte. Die Tochter machte die Vergütungen des Testamentsvollstreckers als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung entsprechend dem ursprünglichen Verhältnis der Nachlasswerte geltend.
Nach Einführung der Abgeltungsteuer teilte sie die Vergütung im Verhältnis des Zeitaufwands des Testamentsvollstreckers auf. Danach entfielen 10 % auf Kapitalvermögen und 90 % auf Vermietung und Verpachtung. Der auf das Kapitalvermögen entfallende Teil konnte wegen der Abgeltungsteuer nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden. Das Finanzamt folgte der Aufteilung nicht und blieb im Rahmen der Veranlagung bei dem ursprünglichen Aufteilungsschlüssel.
Der Bundesfinanzhof stellt klar, dass beide Aufteilungsmaßstäbe nicht richtig sind. Die Aufteilung der Vergütung auf die Einkunftsarten hat vielmehr nach der Zusammensetzung des Vermögens im jeweiligen Veranlagungszeitraum zu erfolgen. Diese kann u. a. durch Auskünfte des Testamentsvollstreckers ermittelt werden.
Ausschluss ausländischer Muttergesellschaften von der Kapitalertragsteuerentlastung ist europarechtswidrig (August 2018)
Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft an ihre Anteilseigner unterliegen grundsätzlich der Kapitalertragsteuer. Auf Gewinnausschüttungen einer inländischen Tochtergesellschaft an ihre ausländische Muttergesellschaft wird auf Antrag keine Kapitalertragsteuer erhoben. Dies ist aber im deutschen Steuerrecht zur Vermeidung von missbräuchlichen Gestaltungen an bestimmte Bedingungen geknüpft; so muss die Muttergesellschaft bspw. mit einem eingerichteten Geschäftsbetrieb am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen.
Ob diese einschränkenden Bedingungen mit dem Europarecht vereinbar sind, wurde vom Finanzgericht Köln bezweifelt. Es hatte deshalb die Frage dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt.
Der Gerichtshof der Europäischen Union entschied, dass die deutsche Regelung sowohl gegen die Mutter?Tochter?Richtlinie als auch gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt und deswegen europarechtswidrig ist.
Hinweis: Die Entscheidung ist zur Gesetzesfassung der Jahre 2007 bis 2011 ergangen. Das Gesetz wurde 2012 zwar etwas entschärft. Das Finanzgericht Köln hat aber auch diese Gesetzesfassung dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Überprüfung vorgelegt.
Finanzierungskosten als vorweggenommene Werbungskosten bei Erwerb einer mit einem Nießbrauch belasteten Immobilie (Juli 2018)
Unter besonderen Umständen kann der Erwerber einer mit einem Nießbrauch belasteten Immobilie die ihm entstehenden Finanzierungskosten als vorweggenommene Werbungskosten berücksichtigen, entschied das Finanzgericht Baden?Württemberg.
Bruder und Schwester erwarben im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zu je 50 % ein Mehrfamilienhaus mit Ladenlokal, das mit einem lebenslangen Nießbrauchsrecht zugunsten von Mutter und Tante belastet war. Nach weiteren 16 Jahren erwarb der Bruder von seiner Schwester deren hälftigen Grundstücksanteil. Die Immobilie sollte mit den nach dem Wegfall der Nießbrauchsrechte zu erwartenden Erträgen seiner Alterssicherung dienen. Er machte die anlässlich dieses Erwerbsvorgangs angefallenen Zinsaufwendungen und die auf die Anschaffungskosten entfallenden Gebäudeabschreibungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend.
Das Finanzgericht konnte weder eine Veräußerungsabsicht, noch eine geplante Eigennutzung erkennen. Da diese Indizien für eine bereits zum Zeitpunkt der Anschaffung vorliegende Absicht, zukünftig Vermietungseinkünfte zu erzielen, sprachen, erkannte es die entstandenen Finanzierungskosten als vorweggenommene Werbungskosten an. Die Gebäudeabschreibung berücksichtigte es hingegen nicht.
Der Bundesfinanzhof muss abschließend entscheiden.
Vorweggenommene Werbungskosten während des Bezugs von Arbeitslosengeld (Juli 2018)
Arbeitslosengeld ist einkommensteuerfrei, unterliegt jedoch dem sog. Progressionsvorbehalt. Ausgaben, die mit diesen steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang anfallen, dürfen nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden.
Das Thüringer Finanzgericht hatte folgenden Fall zu entscheiden: Ein Steuerpflichtiger strebte die Professur an einer Universität an. Ohne Vergütung arbeitete er in den Räumen der Hochschule an einem Forschungsprojekt mit. Er bezog während dieser Zeit nur Arbeitslosengeld. Streitig in diesem Verfahren war, ob er die ihm entstandenen Aufwendungen (z. B. doppelte Haushaltsführung) als vorweggenommene Werbungskosten geltend machen konnte.
Das Finanzgericht ließ den Abzug der Aufwendungen zu. Das Abzugsverbot der mit steuerfreien Einnahmen zusammenhängenden Ausgaben gilt in diesem Fall nicht, da die Aufwendungen der angestrebten nichtselbständigen Tätigkeit zuzurechnen sind.
Wann eine über die private Vermögensverwaltung hinausgehende Tätigkeit gewerblich ist (Juli 2018)
Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) errichtete im Auftrag der Stadt ein Gebäude. Die Stadt räumte der GbR für 20 Jahre ein Erbbaurecht an dem Grundstück ein. Für diesen Zeitraum vermietete die GbR das Gebäude an die Stadt. Nachdem Mietverhältnis und Erbbaurecht beendet waren, erhielt die GbR eine zuvor vertraglich vereinbarte Entschädigung.
Die GbR erklärte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, während das Finanzamt den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung als überschritten ansah und in vollem Umfang gewerbliche Einkünfte annahm.
Der Rahmen der privaten Vermögensverwaltung kann überschritten sein, wenn bereits bei Aufnahme der Tätigkeit der GbR feststand, dass sich ein erwartetes positives Ergebnis nur mit der Entschädigung erzielen ließ. Die Einzeltätigkeiten (Ankauf, Vermietung und Verkauf) sind in diesem Fall nicht getrennt zu würdigen, sondern zu einer einheitlichen, gewerblichen Tätigkeit zusammenzufassen (sog. Verklammerung).
(Quelle: Urteil des Bundesfinanzhofs)
Zu Unrecht ausbezahlte Eigenheimzulage kann zurückgefordert werden (Juli 2018)
Das Finanzamt kann unter Wahrung der formell zu beachtenden Vorschriften eine zu Unrecht ausbezahlte Eigenheimzulage zurückfordern. Der Anspruch ist grundsätzlich gegen den Leistungsempfänger zu richten. Dieser Grundsatz ist auch zu beachten, wenn der Leistungsempfänger und der Empfänger der Zahlung des Geldbetrags nicht identisch sind.
Anders ist die Situation bei Zahlungen, die auf ein von einem Rechtsanwalt im Rahmen eines Insolvenzverfahrens eingerichtetes „Anderkonto“ geleistet werden. Zahlungseingänge auf diesem Konto stellen weder Schuldnervermögen dar, noch fallen sie in die Insolvenzmasse. Diese Gelder stehen ausschließlich dem Rechtsanwalt zur Verfügung. Nur er ist berechtigt und verpflichtet, über das Konto zu verfügen. Aus diesem Grund ist er persönlich zur Rückzahlung einer zu Unrecht an ihn ausgezahlten Eigenheimzulage verpflichtet. Das Finanzamt hatte die Eigenheimzulage für den Insolvenzschuldner auf dieses Anderkonto gezahlt.
Hinweis: Das Eigenheimzulagengesetz ist für Neufälle seit dem 1. Januar 2006 nicht mehr anwendbar.
(Quelle: Urteil des Schleswig?Holsteinischen Finanzgerichts)
Verjährungsfrist bei Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung (Juli 2018)
Ein Steuerpflichtiger wurde von dem für ihn zuständigen Finanzamt und unter Hinweis auf mögliche Zwangsmittel aufgefordert, seine Einkommensteuererklärung 2006 bis zum 22. Oktober 2007 abzugeben. Tatsächlich reichte er seine Steuererklärung jedoch erst am 30. Dezember 2011 beim Finanzamt ein. Dieses lehnte die Bearbeitung der Erklärung ab und begründete die Ablehnung damit, dass Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Weil keiner der gesetzlichen Gründe zur verpflichtenden Abgabe einer Steuererklärung vorliege, handele es sich um eine Antragsveranlagung. In diesem Fall gelte eine vierjährige Verjährungsfrist.
Das sah der Bundesfinanzhof anders. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung entsteht auch dann, wenn das Finanzamt einen Steuerpflichtigen auffordert, eine Steuererklärung abzugeben. Diese Aufforderung stellt einen Verwaltungsakt dar. Hierfür spricht insbesondere der im Schreiben enthaltene Hinweis auf mögliche Zwangsmittel. Das gilt selbst dann, wenn das Schreiben keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält und das Finanzamt dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit gibt, das Schreiben mit einem kurzen Hinweis auf der Rückseite zurückzusenden, sollte er seiner Auffassung nach nicht zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet sein.
Der Steuerpflichtige war demnach für das Jahr 2006 zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet und die Verjährungsfrist bei Einreichung der Erklärung im Dezember 2011 noch nicht abgelaufen.
Vermietung von Ausstellungsflächen durch gemeinnützige Vereine als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (Juli 2018)
Gestattet ein gemeinnütziger Verein einem Dritten gegen Entgelt, werbend auf Veranstaltungen des Vereins tätig zu werden, sind die Einnahmen daraus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen. Gemeinnützige Vereine sind mit ihrem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb regelmäßig steuerpflichtig, soweit kein Zweckbetrieb vorliegt. Dieser ist u. a. gegeben, wenn die wirtschaftliche Tätigkeit des Vereins dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Vereinszwecke zu verwirklichen.
Ein Verein hatte Kongresse veranstaltet. Im Rahmen dieser Kongresse präsentierten Medikamentenhersteller an Ständen ihre Produkte. Die Standmieten wurden als Einnahmen des Zweckbetriebs erklärt. Begründet wurde dies damit, dass die Durchführung der Kongresse der Satzung des Vereins entspräche.
Das Finanzgericht Düsseldorf kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass hier die Vermietung der Standflächen nicht der Verwirklichung satzungsmäßiger Aufgaben des Vereins, sondern der Beschaffung zusätzlicher Mittel diene. Die Einnahmen gehören also zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Der Gewinn kann mit 15 % der Nettoeinnahmen ermittelt werden.
Der Bundesfinanzhof muss abschließend entscheiden.
Verzicht auf Vergütungsersatzanspruch als freigebige Zuwendung (Juli 2018)
Jede freigebige Zuwendung unterliegt der Schenkungsteuer. Dazu muss die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führen und die Zuwendung objektiv unentgeltlich sein. Der Bundesfinanzhof hat eine freigebige Zuwendung für den Fall bejaht, dass der Zuwendende auf einen Vergütungsersatzanspruch verzichtet.
Eine aus Kommanditgesellschaften bestehende Unternehmensgruppe (Sponsor eines Fußballvereins) schloss Arbeitsverträge mit Fußballspielern, Trainern oder Betreuern (Aktive) ab. Sie wurden als kaufmännische Angestellte/Bürokaufleute bezeichnet, vertragsgemäß bezahlt und mussten auf diesen Positionen laut Vertrag 40 Stunden pro Woche für die Unternehmensgruppe arbeiten. Tatsächlich waren die Aktiven allerdings nicht für den Sponsor, sondern Vollzeit und unter Profibedingungen für den Fußballverein tätig, der für die Überlassung kein Entgelt entrichten musste. Damit ersparte der Verein die ansonsten übliche Vergütung für die Arbeitnehmerüberlassung durch die Unternehmensgruppe. Das war Gegenstand der Schenkung.
Da die Schenkungen nicht angezeigt und keine entsprechenden Steuererklärungen abgegeben wurden, durfte das Finanzamt, das aus den Akten die Anzahl, die konkreten Zeitpunkte und die jeweilige Höhe der Einzelzuwendungen nicht ermitteln konnte, für jedes Kalenderjahr zusammenfassende Steuerbescheide im Schätzwege erlassen. Der Bundesfinanzhof entschied auch, dass nicht die Unternehmensgruppe, sondern die hinter den Kommanditgesellschaften stehenden Kommanditisten als Schenker anzusehen sind.
EuGH-Vorlage zur Steuerbefreiung medizinischer Analysen eines Facharztes für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik (Juli 2018)
Ein Facharzt für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik führte seine Umsätze ausschließlich an eine Labor-GmbH aus. Die Gesellschaft erzielte ihre Umsätze ausschließlich aus Leistungen an niedergelassene Ärzte, Rehakliniken, Gesundheitsämter und Krankenhäuser. Die Leistungen des Facharztes bestanden in der Befunderhebung mit dem Ziel konkreter laborärztlicher Diagnosen sowie ärztlicher Hilfestellungen bei transfusionsmedizinischen Maßnahmen.
Der Arzt sah seine Leistungen als umsatzsteuerfreie Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin an. Das Finanzamt behandelte die entsprechenden Umsätze mangels persönlichen Vertrauensverhältnisses zu den Patienten als steuerpflichtig.
Der Bundesfinanzhof hat Zweifel, ob die von dem Facharzt erbrachten Umsätze als Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin oder als eng mit einer Krankenhausbehandlung im Zusammenhang stehende Leistungen zu behandeln sind. Sollten die Leistungen als Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin angesehen werden, ist fraglich, ob die Anwendbarkeit der Bestimmung tatsächlich ein Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten voraussetzt.
Der Gerichtshof der Europäischen Union muss abschließend entscheiden.
Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrags und der Kinderfreibeträge in den Jahren 2000 bis 2004 (Juli 2018)
Der Bundesfinanzhof hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe des Grundfreibetrags, des Kinderfreibetrags oder des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf eines Kinds in den Jahren 2000 bis 2004.
Die Bundesregierung hat in den maßgeblichen Existenzminimumberichten das steuerlich zu verschonende Existenzminimum realitätsgerecht ermittelt. Der Grundfreibetrag lag jeweils über dem ermittelten Wert. Durch die Höhe der Kinderfreibeträge wurde ebenfalls der existenzsichernde Aufwand von der Einkommensteuer verschont. Damit scheiterte ein Ehepaar mit vier Kindern, das im Rahmen ihrer Veranlagung zur Einkommensteuer eine nicht ausreichende Berücksichtigung des verfassungsrechtlich gebotenen Existenzminimums der Familie geltend gemacht hatte.
Verjährung von Ersatzansprüchen des Vermieters (Juli 2018)
In einem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall lebte eine Mieterin längere Zeit in einer Mietwohnung. Nach Kündigung des Mietvertrags gab sie die Wohnung zwei Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses an die Vermieterin zurück. Nachdem diese die Mieterin vergeblich zu Instandsetzungsarbeiten aufgefordert hatte, verklagte sie die Mieterin zehn Monate nach deren Auszug auf Schadensersatz. Die Mieterin verweigerte die Zahlung und berief sich darauf, dass der Anspruch wegen Ablaufs der sechsmonatigen gesetzlichen Frist verjährt sei. Daraufhin verwies die Vermieterin auf eine Mietvertragsklausel, nach der Ersatzansprüche des Vermieters u. a. wegen Verschlechterung der Mietsache erst in zwölf Monaten nach Beendigung des Mietverhältnisses verjähren.
Das Gericht teilte die Meinung der Mieterin. Eine derartige Vertragsklausel ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam. Der Mieter hat nach Rückgabe der Mietsache an den Vermieter keinen Zugriff mehr auf die Mietsache und kann ab diesem Zeitpunkt regelmäßig auch keine beweissichernden Feststellungen mehr treffen. Demgegenüber wird der Vermieter durch die Rückgabe der Mietsache in die Lage versetzt, sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob ihm gegen den Mieter Ansprüche wegen Verschlechterung oder Veränderung der Mietsache zustehen und kann diese ggf. innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist durchsetzen.
Umsatzsteuerliche Entgeltminderung bei einem Einzelhändler durch Beteiligung an einem von einem Dritten angebotenen Punktesystem (Juni 2018)
Beteiligt sich ein Einzelhändler an einem von einem Dritten angebotenen Punktesystem, führen die von dem Kunden erworbenen Punkte beim Einzelhändler zu einer Entgeltminderung. Das heißt, für den Einzelhändler mindert sich die Umsatzsteuer. Die Entgeltminderung trete in dem Zeitpunkt ein, in dem der Einzelhändler den Gegenwert der Punkte an den Systemanbieter zahlen müsse. Dies hat das Finanzgericht München entschieden.
Der Kunde müsse allerdings eine gewisse Wahlfreiheit hinsichtlich der Form der Rabattgewährung haben. Ausreichend hierfür sei entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung, dass der Kunde die Möglichkeit habe, die Punkte bei einem weiteren Einkauf bei einem Systempartner des Systemanbieters als unbares Zahlungsmittel einzusetzen. Nicht erforderlich sei für die Entgeltminderung, dass dem Kunden die Möglichkeit eingeräumt werde, sich die Punkte bar auszahlen zu lassen.
Der Bundesfinanzhof muss abschließend entscheiden.
Umsatzsteuersatz für die Beförderung von Schülern zu unterschiedlichen Schulen (Juni 2018)
Die Beförderung von Personen im genehmigten Linienverkehr mit Kfz unterliegt dem ermäßigten Umsatzsteuersatz, wenn die Beförderung innerhalb einer Gemeinde erfolgt oder die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 km beträgt.
Befördert ein Busunternehmen auf einer Fahrt aufgrund eines einheitlichen Vertrags Schüler zu verschiedenen Schulen, die in verschiedenen Gemeinden liegen, und beträgt die Gesamtfahrtstrecke in eine Richtung mehr als 50 km, scheidet nach Auffassung des Thüringer Finanzgerichts die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes aus. Die Beförderungsleistung könne nicht in verschiedene Beförderungen von Schülern/Schülergruppen zu jeweils einer Schule aufgespalten werden. Es liege vielmehr eine einheitliche Beförderungsleistung vor.
Stillgelegte Autos dürfen nicht in jedem Fall sofort abgeschleppt werden (Juni 2018)
Ein Kraftfahrzeug, das keine Zulassung mehr hat, aber nicht verkehrsbehindernd abgestellt ist, darf nicht abgeschleppt werden, wenn zuvor nur ein Aufkleber mit einer Beseitigungsaufforderung an dem Fahrzeug angebracht wurde.
Das hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein?Westfalen entschieden und damit eine Verwaltungspraxis der Stadt Düsseldorf für rechtswidrig befunden.
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall ging es um ein von Amts wegen stillgelegtes, auf dem Seitenstreifen einer Straße in Düsseldorf abgestelltes Fahrzeug. Polizeibeamte hatten die Dienstsiegel von den Nummernschildern entfernt und einen Aufkleber mit der Aufforderung befestigt, das Fahrzeug innerhalb einer bestimmten Frist aus dem öffentlichen Straßenraum zu entfernen. Nach Ablauf der Frist veranlasste die Stadt Düsseldorf das Abschleppen und verlangte hierfür und für das Verwahren des Fahrzeugs vom Fahrzeughalter 175 €.
Nach Auffassung des Gerichts lagen die Voraussetzungen für einen Sofortvollzug nicht vor. Die Stadt hätte zunächst anhand der noch vorhandenen entstempelten Kennzeichen den Halter ermitteln und diesen dann zum Entfernen des Fahrzeugs auffordern müssen.
Tätigkeit als Personalberater unterliegt in bestimmten Fällen der Gewerbesteuer (Juni 2018)
Personalberatung durch umfassend betriebswirtschaftlich vorgebildete Personen kann eine freiberufliche Tätigkeit sein. Voraussetzung ist, dass der Personalberater eine beratende Tätigkeit ausübt, die sich auf einen Hauptbereich der Betriebswirtschaftslehre erstreckt. Eine nur vermittelnde Tätigkeit ist aber – wie die Tätigkeit eines Maklers – gewerblich.
Wird ein als Personalberater selbstständig tätiger Groß- und Außenhandelskaufmann weitgehend erfolgsabhängig dafür honoriert, dass er seinen Auftraggebern von ihm ausgesuchte Kandidaten für eine zu besetzende Stelle vermittelt, übt er nach einem Urteil des Finanzgerichts Köln eine gewerbliche Tätigkeit aus. Es fällt Gewerbesteuer an.
Schuldner muss im Vollstreckungstitel oder in der Vollstreckungsklausel eindeutig bezeichnet sein (Juni 2018)
Der Eigentümer eines rechtswidrig besetzten Hausgrundstücks erwirkte gegen die Hausbesetzer eine einstweilige Verfügung auf Räumung des Grundstücks. Da die Besetzer im Einzelnen nicht namentlich bekannt waren, richtete sich die Verfügung gegen eine Anzahl von 40 männlichen und weiblichen Personen, die sich zum Zeitpunkt der Zustellung auf dem Grundstück dauerhaft aufhielten.
Die mit der Zustellung der einstweiligen Verfügung und der Räumung beauftragte Gerichtsvollzieherin lehnte den Auftrag mit der Begründung ab, dass die Schuldner nicht in Person identifizierbar seien.
Der Bundesgerichtshof bestätigte diese Rechtsauffassung. Auf das Erfordernis einer sicheren Identifizierbarkeit des Vollstreckungsschuldners könne nicht verzichtet werden. Zumindest müsse durch eine Auslegung des Titels ohne weiteres festgestellt werden können, wer Partei des Verfügungsverfahrens ist. Das war bezüglich der Gruppe von 40 Personen nicht möglich. Der Grundstückseigentümer werde dadurch auch nicht völlig rechtlos gestellt, da eine Räumung gegenüber Hausbesetzern nach dem Polizei- und Ordnungsrecht erfolgen kann.
Staatlich geförderte Altersvorsorgevermögen aus Riester-Renten sind nicht pfändbar (Juni 2018)
Das in einem Riester-Vertrag angesparte Kapital ist unpfändbar, wenn die Altersvorsorge auch tatsächlich durch eine Zulage gefördert worden ist. Dabei reicht es aus, dass die Voraussetzungen für eine Förderung vorlagen und ein entsprechender Antrag gestellt war.
Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. Das Gericht stellte klar, dass entgegen dem Wortlaut der einschlägigen Norm auch kündbare Riester-Verträge unter den Pfändungsschutz fallen.
Obergrenze für Kleinreparaturklausel im Gewerbemietrecht nicht erforderlich (Mai 2018)
Eine Kleinreparaturklausel in einem gewerblichen Pachtvertrag ist auch dann wirksam, wenn diese keine Wertobergrenze für jede einzelne Reparatur enthält. Dies hat das Landgericht Darmstadt entschieden.
Die Verpächterin einer Gaststätte verlangte von der Pächterin die Zahlung von Reparaturkosten an der Heizungsanlage. Im Pachtvertrag war geregelt, dass der Pächter unter anderem die Kosten für Kleinreparaturen an Installationen für Elektrik, Wasser und Gas sowie der Heizungsanlage zu tragen hat, jedoch in einem Jahr nicht mehr als eine Monatspacht. Die monatliche Pacht betrug 1.500 € zuzüglich 500 € für die Wohnung des Wirts. Die Pächterin sah sich infolge der fehlenden Kostenbeschränkung für die einzelne Reparatur durch die Kleinreparaturklausel unangemessen benachteiligt. Die Benennung lediglich einer Jahreshöchstgrenze sei nicht ausreichend.
Nach Auffassung des Gerichts besteht ein Zahlungsanspruch der Verpächterin aus dem abgeschlossenen Pachtvertrag. Die Angabe einer jährlichen finanziellen Obergrenze bei Pachtverhältnissen über Gewerberaum im Rahmen einer Kleinreparaturklausel sei als ausreichend anzusehen. Die für Wohnraummietverhältnisse heranzuziehende Wertobergrenze komme vorliegend nicht zum Tragen.
Prozesskostenhilfe für ein Mahnverfahren bei bereits angekündigtem Widerspruch (Mai 2018)
In einem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ging es um die Frage, ob für ein Mahnverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann, wenn der Antragsgegner im Rahmen der Anhörung bereits Widerspruch gegen einen etwaigen Mahnbescheid angekündigt hat.
Das Gericht bestätigte die Zurückweisung des Antrags auf Prozesskostenhilfe wegen Mutwilligkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung.
Mutwillig ist die Beschreitung eines prozessualen Wegs, der erkennbar aussichtslos ist. Maßstab für die Beurteilung ist hierbei das hypothetische Verhalten einer verständigen selbstzahlenden Partei. Eine solche Partei würde nach Auffassung des Gerichts ihre Rechte nicht im Mahn-, sondern im Klageverfahren verfolgen, weil wegen des angekündigten Widerspruchs das Ziel, einen schnellen und kostengünstigen Vollstreckungstitel zu erwerben, nicht erreichbar ist.
Schriftformheilungsklausel im Mietvertrag unwirksam (Mai 2018)
Mietverträge mit einer Festlaufzeit von mehr als einem Jahr müssen schriftlich abgeschlossen werden. Alle wesentlichen Vertragsbedingungen, wie Mietgegenstand, Miethöhe sowie Dauer und Vertragsparteien, müssen sich aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergeben. Ist die Schriftform nicht gewahrt, bleibt der Vertrag wirksam, er gilt aber auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und kann deshalb jederzeit unter Berücksichtigung der ordentlichen Frist gekündigt werden. Um dies zu verhindern, werden in der Praxis vielfach sog. Schriftformheilungsklauseln vereinbart.
Darin verpflichten sich die Parteien, etwaige Schriftformmängel zu beheben und den Mietvertrag nicht unter Berufung auf solche Mängel vorzeitig zu kündigen.
Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs sind diese sog. Schriftformheilungsklauseln mit der nicht abdingbaren gesetzlichen Vorschrift zur Form des Mietvertrags unvereinbar und daher unwirksam. Das Gericht verweist hierbei auf den Schutzzweck der gesetzlichen Regelung, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden auch zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien zu gewährleisten und diese vor der unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen zu schützen. Folglich kann jede Partei einen langfristigen Mietvertrag unter Berufung auf Schriftformmängel vorzeitig kündigen, auch wenn dieser eine Schriftformheilungsklausel enthält.
Nachhaltigkeit bei gewerblichem Forderungskäufer (Mai 2018)
Für die Beurteilung der Frage, ob die Tätigkeit eines Forderungskäufers nachhaltig ist, kommt es entscheidend auf den Ankauf von Forderungen und nicht auf deren Verwertung an.
Eine GmbH & Co. KG, deren Unternehmensgegenstand „die Verwaltung eigenen Vermögens, insbesondere der Erwerb, die Verwaltung und die Verwertung von Forderungen“ war, erwarb von einer Bank in einem Zug Darlehns- und Kreditforderungen. Die Forderungen waren durch Grundschulden auf mehreren Grundstücken gesichert. Im Laufe eines Zeitraums von mehreren Jahren nach dem Erwerb flossen der Gesellschaft Einnahmen aus den abgetretenen Forderungen zu. Das Finanzamt erfasste die Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb mit der Begründung, hier läge eine originäre gewerbliche Tätigkeit vor.
Der Bundesfinanzhof gelangte im Hinblick auf die Abwicklung der Geschäfte der Gesellschaft zu dem Ergebnis, dass in den betreffenden Jahren kein Gewerbebetrieb unterhalten wurde, weil es an einer nachhaltigen Tätigkeit fehlte. Für die Frage der Nachhaltigkeit kommt es im Fall eines Forderungskäufers darauf an, in welcher Form die Beschaffung der Forderungen erfolgt. Der Erwerb mehrerer Forderungen in einem einzigen Vertrag ist grundsätzlich nicht nachhaltig. Eine Wiederholungsabsicht kann sich auch nicht aus dem im Gesellschaftsvertrag niedergelegten Unternehmensgegenstand der Gesellschaft ergeben.
Nachträgliche vom Testament abweichende Vereinbarungen zwischen Erben und Vermächtnisnehmer sind erbschaftsteuerlich unbeachtlich (Mai 2018)
In einem Testament war die Ehefrau des Erblassers Alleinerbin und die Tochter als Vermächtnisnehmerin bedacht worden. Nach dem Tod des Erblassers vereinbarten beide unter Mitwirkung des Testamentsvollstreckers notariell eine andere Verteilung der Erbteile und Schulden.
Das Finanzgericht München entschied, dass diese Vereinbarung erbschaftsteuerlich unbeachtlich ist, weil die Erbschaftsteuer mit dem Tod des Erblassers entsteht. Dieser Zeitpunkt ist auch für den Umfang und die Wertermittlung des Nachlasses maßgebend. Somit waren die Regelungen des Testaments zu beachten.
Nur teilweise Kostenerstattung für medizinische Behandlung in der Türkei (Mai 2018)
Kosten für eine Behandlung in einer türkischen Privatklinik sind von der deutschen Sozialversicherung nur teilweise zu erstatten. Dies hat das Hessische Landessozialgericht im Fall eines 12?jährigen Mädchens entschieden, das während eines Urlaubs mit ihrer Mutter in der Türkei an einer Magen-Darm-Entzündung erkrankte. Vom Hotelarzt wurde sie in eine 2,7 km entfernte Privatklinik eingewiesen, welche anschließend Behandlungskosten von 2.300 € in Rechnung stellte. Die deutsche Krankenkasse verweigerte die Kostenübernahme und verwies darauf, dass das Mädchen auch in einem 12 km entfernten staatlichen Krankenhaus hätte behandelt werden können. Hierdurch wären nur Kosten von 370 € entstanden.
Das Gericht gab der Krankenkasse Recht. Es seien nur 370 € zu erstatten. Nach dem maßgeblichen Sozialversicherungsabkommen stünden deutschen Versicherten nur die nach dem türkischen Krankenversicherungssystem geltenden Leistungen zu. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Transport des Mädchens in die wenige Kilometer weiter entfernt gelegene staatliche Klinik aus medizinischen Gründen nicht möglich gewesen sei.
Keine Kündigung trotz Verletzung von Compliance-Regeln (Mai 2018)
Wenn Mitarbeiter gegen Compliance-Regeln ihres Arbeitgebers verstoßen, kann dies zur Kündigung führen, weil dem Arbeitgeber massive Nachteile entstehen können, z. B. der Ausschluss von Vergabeverfahren oder Geldbußen. Eine Kündigung muss aber nicht immer gerechtfertigt sein, wie eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin?Brandenburg zeigt.
Eine bei einem Energieunternehmen beschäftigte Mitarbeiterin führte Vertragsverhandlungen mit einem Kunden. Dieser verlangte wiederholt und nachdrücklich, dass ihm private finanzielle Vorteile gewährt werden, wenn es zu einem Vertragsabschluss kommen solle. Die Mitarbeiterin korrespondierte hierüber mehrfach mit ihrem direkten Vorgesetzten. Schließlich schloss sie mit dem Kunden einen Vertrag, der nicht den internen Compliance-Regeln entsprach. Ihr wurde zunächst fristlos und dann ordentlich gekündigt.
Die hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage hatte Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hielt der Klägerin zugute, dass sie aus der Korrespondenz mit ihrem Vorgesetzten den Eindruck gewinnen durfte, dieser halte die Gewährung der finanziellen Vorteile für möglich. Außerdem habe sie den Compliance-Verstoß eingeräumt und aktiv an dessen Aufklärung mitgewirkt. Nach all dem sei schon eine ordentliche Kündigung nicht gerechtfertigt, erst recht keine außerordentliche Kündigung.
Kosten der Unterbringung im Altenheim: Doppelter Abzug der Haushaltsersparnis bei Ehegatten (Mai 2018)
Aufwendungen für die krankheits- oder pflegebedingte Unterbringung in einem Alten- oder Pflegeheim sind dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig. Allerdings ist von den Aufwendungen eine Haushaltsersparnis abzuziehen, weil in den Unterbringungskosten auch Lebensführungskosten enthalten sind, die jedem Steuerpflichtigen entstehen und deswegen insoweit nicht außergewöhnlich sind.
Die jährliche Haushaltsersparnis beträgt für 2018 je Person 9.000 €. Sind beide Ehegatten im Altenheim untergebracht, verdoppelt sich dieser Betrag. War die Unterbringung nicht das ganze Jahr, ist der Betrag zeitanteilig umzurechnen. Wird der normale Haushalt weiter aufrechterhalten, braucht die Haushaltsersparnis nicht abgezogen zu werden.
(Quelle: Urteil des Bundesfinanzhofs)
Liebhaberei bei verschiedenen wirtschaftlich eigenständigen Betätigungen (Mai 2018)
Bei der Feststellung der Gewinnerzielungsabsicht kommt es auf die Gesamtwürdigung der Umstände an. Sind solche Betätigungen dem Hobbybereich zuzurechnen, liegt das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht nahe. Bei Tätigkeiten außerhalb des Hobbybereichs bedarf es weiterer Feststellungen, ob die Verluste aus persönlichen Gründen oder Neigungen hingenommen werden.
Ein Unternehmer befasste sich mit dem An- und Verkauf sowie der Vercharterung von Segelyachten, der Reparatur von Segelyachten und dem Handel mit Segelzubehör. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Tätigkeitsfelder „Yachten“ und „Handel“ keinen einheitlichen Gewerbebetrieb darstellten. Die im Yachtbereich ermittelten Verluste berücksichtigte es steuerlich nicht. Der Unternehmer habe insoweit ohne Gewinnerzielungsabsicht gehandelt. Ein positives Gesamtergebnis sei nicht zu erwarten.
Der Bundesfinanzhof bestätigte, dass die Gewinnerzielungsabsicht bei verschiedenen, wirtschaftlich eigenständigen Betätigungen nicht einheitlich für die gesamte Tätigkeit, sondern im Wege der sog. Segmentierung gesondert für die jeweilige Betätigung (Yachtbereich und Handelsbetrieb) zu prüfen ist. Soll die Gewinnerzielungsabsicht für die Betätigung im Yachtbereich verneint werden, muss jedoch ein möglich scheinendes privates Motiv benannt werden, das den Unternehmer bewogen haben könnte, das Yachtgeschäft dennoch fortzuführen. Zwar bestehen „keine hohen Anforderungen“ an diese Feststellung; sie ist aber nicht gänzlich entbehrlich.
Ist der Rechnungszinsfuß für steuerliche Pensionsrückstellungen noch verfassungsgemäß? (Mai 2018)
Das Finanzgericht Köln hat dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob zur Ermittlung von Pensionsrückstellungen für das Jahr 2015 ein Rechnungszinsfuß von 6 % noch verfassungsgemäß ist.
Die derzeitige gesetzliche Regelung geht davon aus, dass ein Rechnungszinsfuß von 6 % im Rahmen der Renditeerwartungen liegt, die ein Unternehmen aus dem durch die Pensionsrückstellung gebundenen Kapital erwirtschaften kann. Diese Annahme ist nach Auffassung des Gerichts nicht mehr realitätsgerecht. Sie geht von unrealistisch hohen zukünftig zu erzielenden Zinserträgen aus. Auch die Starrheit des typisierten Rechnungszinsfußes sei nicht mehr gerechtfertigt. Ein Festhalten an dem Zinssatz von 6 % wird als willkürlich und damit verfassungswidrig angesehen.
Hinweis: Entsprechende Steuerbescheide sollten offen gehalten werden.
Kapitaleinkünfte aus einem Auslandsdepot (Mai 2018)
Wird ein ausländisches Wertpapierdepot aufgelöst, kann die Finanzverwaltung den entsprechenden Kapitalstamm in den Folgejahren nicht unverändert als Grundlage für die Schätzung von Kapitalerträgen heranziehen. Für die Frage, ob die reguläre vierjährige Verjährungsfrist oder die zehnjährige im Rahmen einer Steuerhinterziehung anzuwenden ist, muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, ob die Nichterklärung von Kapitalerträgen die objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer Steuerhinterziehung erfüllt. Das gilt auch bei der Verletzung von (ggf. erweiterten) Mitwirkungspflichten (bei Auslandssachverhalten).
Der Inhaber eines Auslandsdepots mit einem Wert von ca. 2 Mio. DM hatte die Geschäftsverbindung mit der ausländischen Bank beendet und das Depot aufgelöst. Da der Depotinhaber keine Angaben gemacht hatte, wohin die Gelder geflossen waren, ging die Finanzverwaltung davon aus, er habe sein Guthaben lediglich auf eine andere, unbekannte Bank übertragen. Seiner Mitwirkungspflicht, den Sachverhalt weiter aufzuklären, sei er nicht nachgekommen. Für die Zeit nach Auflösung des Depots schätzte die Finanzverwaltung die Höhe der Erträge unter Anwendung eines durchschnittlichen Zinssatzes von 8 bis 9 % über den Verlauf von zehn Jahren.
Der Bundesfinanzhof lehnte diese pauschale Ermittlung der Kapitalerträge ab. Hier sind weitere Ermittlungen notwendig, um die steuerlich relevanten Kapitalerträge und den Zeitraum, für den die Einkünfte zu erfassen sind, festzustellen.
Kein Vorsteuerabzug aus einer Rechnung, die den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung nicht angibt (Mai 2018)
Wer von seiner zu zahlenden Umsatzsteuer die gezahlte Vorsteuer absetzen möchte, benötigt dafür eine den Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes entsprechende Rechnung. Zwingend enthalten muss die Rechnung u. a. den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung. Ohne Angabe dieses Datums kann der Zeitraum nicht bestimmt werden, in dem die Vorsteuer abgezogen werden kann.
Im entschiedenen Fall enthielt eine Rechnung über Beratungsleistungen keine Angaben zum Zeitpunkt der Leistungserbringung. Der Rechnungsbetrag wurde am 29. Dezember in bar vom Konto des Leistungsempfängers abgehoben und am darauffolgenden 2. Januar auf das in der Rechnung angegebene Konto des Leistenden eingezahlt. Es war nicht ersichtlich, an welchem Tag, in welchem Jahr genau die Lieferung oder sonstige Leistung erbracht wurde. Dem Rechnungsempfänger stand folglich kein Vorsteuerabzugsrecht zu.
Hinweis: Eine ordnungsgemäße Rechnung kann noch bis zum Tag der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht vorgelegt werden.
(Quelle: Urteil des Finanzgerichts des Landes Sachsen?Anhalt)
Grundsteuerbefreiung bei öffentlich privater Partnerschaft (April 2018)
Eine GmbH & Co. KG und der an ihr als Kommanditist beteiligte Landkreis schlossen einen Erbbaurechtsvertrag (Laufzeit 40 Jahre) über ein dem Landkreis gehörendes Schulgrundstück. Im Rahmen einer öffentlich privaten Partnerschaft (ÖPP) durfte die KG auf dem Erbbaugrundstück Schulgebäude sanieren, abbrechen und neue Schulgebäude errichten. Über die Gebäude auf dem Grundstück schlossen die KG und der Landkreis einen Mietvertrag über 25 Jahre.
Ein Grundstück, das die öffentliche Hand unmittelbar für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch benutzt und das ausschließlich ihr zuzurechnen ist, ist von der Grundsteuer befreit. Das gilt auch dann, wenn es mit einem Erbbaurecht zugunsten eines privaten Rechtsträgers belastet ist. In diesem Fall bilden das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück einerseits und das Erbbaurecht andererseits zwei wirtschaftliche Einheiten, die je für sich der Grundsteuer unterliegen. Um auch eine Steuerbefreiung für das Erbbaurecht zu erreichen, muss u. a. vereinbart sein, dass der Grundbesitz am Ende der ÖPP auf den Nutzer übertragen wird. Diese Rückübertragung kann nicht durch ein Optionsrecht ersetzt werden.
An der Rückübertragung fehlte es im vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall. Es war weder vereinbart, dass das Erbbaurecht am Ende auf den Landkreis übertragen wird, noch dass die ÖPP und das Erbbaurecht gleichzeitig enden. Vielmehr endete das Mietverhältnis bereits nach 25 Jahren und somit lange vor dem auf 40 Jahre bestellten Erbbaurecht. Eine weitere Vermietung wäre zwar möglich gewesen, war aber nicht verbindlich vereinbart.
Günstigerprüfung: Verrechnung von Altverlusten bei Abgeltungsbesteuerung (April 2018)
Für die Verrechnung von Altverlusten mit den ab 2009 dem gesonderten Steuertarif unterliegenden positiven Einkünften aus Kapitalvermögen ist ein Antrag erforderlich. Dieser Antrag auf Günstigerprüfung muss mit der Steuererklärung gestellt werden, in der die positiven, der Abgeltungsteuer unterliegenden Einkünfte erfasst werden. Eine allgemeine Berechtigung zur Verrechnung von Verlusten aus tariflich besteuerten Einkünften und positiven, dem gesonderten Steuertarif unterliegenden Kapitaleinkünften ist im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung ausgeschlossen.
Da der Antrag auf Günstigerprüfung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum nur einheitlich für sämtliche Kapitalerträge gestellt werden kann, ist auch eine Anwendung des gesonderten Steuertarifs für die nach der Verlustverrechnung verbleibenden Kapitaleinkünfte ausgeschlossen.
(Quelle: Urteil des Bundesfinanzhofs)
Haftung des Leistungsempfängers für vom Leistungserbringer nicht abgeführte Umsatzsteuer (April 2018)
Hat ein Unternehmer bei Abschluss des Vertrags über seinen Eingangsumsatz Kenntnis davon oder hätte er sie nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns haben müssen, dass der Aussteller der Rechnung aus einem vorangegangenen Umsatz entsprechend seiner vorgefassten Absicht die ausgewiesene Umsatzsteuer nicht entrichtet hat, haftet der Leistungsempfänger für die nicht entrichtete Umsatzsteuer.
Das „Kennenmüssen“ muss sich im Rahmen eines konkreten Leistungsbezugs auf Anhaltspunkte beziehen, die für den Unternehmer den Schluss nahelegen, dass der Rechnungsaussteller bereits bei Vertragsschluss die Absicht hatte, die Umsatzsteuer nicht abzuführen. Ein steuerstrafrechtlich bedeutsames Verhalten des Rechnungsausstellers bei anderen Geschäftsvorfällen lässt nicht den sicheren Schluss auf die Absicht zu, auch bei zukünftigen Umsätzen die Umsatzsteuer zu hinterziehen. Den Leistungsempfänger treffen auch nicht allein deshalb erhöhte Sorgfaltspflichten, weil er Kenntnis von steuerstrafrechtlichen Ermittlungen gegen einen Vertragspartner hat.
Die Voraussetzungen für eine Haftung muss das Finanzamt darlegen und beweisen.
(Quelle: Urteil des Bundesfinanzhofs)
Gewährung der wöchentlichen Ruhezeit für Arbeitnehmer (April 2018)
Jeder Arbeitnehmer hat pro Siebentageszeitraum Anspruch auf eine Mindestruhezeit von 24 Stunden zuzüglich der täglichen Ruhezeit von elf Stunden. Dabei muss die Mindestruhezeit nicht direkt auf einen Zeitraum von sechs aufeinanderfolgenden Arbeitstagen folgen. Im Hinblick auf die Festsetzung des Zeitpunkts, in dem die Ruhezeit zu gewähren ist, räumt die entsprechende EU Richtlinie den Mitgliedstaaten Ermessen ein.
So entschied der Gerichtshof der Europäischen Union im Fall eines Angestellten in einem portugiesischen Casino, der zum Teil an sieben aufeinanderfolgenden Tagen gearbeitet hatte. Nach Beendigung seines Arbeitsvertrags verlangte er Schadensersatz, weil ihm die jeweils siebten Tage als Überstunden hätten vergütet werden müssen und ihm keine Ausgleichsruhezeit gewährt worden sei.
Erstattung der zu Unrecht abgeführten Umsatzsteuer in Bauträgerfällen (April 2018)
Nach den Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes schuldet (ausnahmsweise) der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer für an ihn erbrachte Bauleistungen, wenn er selbst Bauleistungen erbringt (sog. Übergang der Steuerschuldnerschaft). Der Bundesfinanzhof hat den Anwendungsbereich dieser Vorschriften deutlich eingeschränkt. Nach seiner Auffassung sind Bauträger für die von ihnen in Auftrag gegebenen Bauleistungen nicht Schuldner der Umsatzsteuer. Es ist also nach allgemeinen Grundsätzen abzurechnen: Der Auftragnehmer (z. B. Bauunternehmer) stellt seine Leistung dem Auftraggeber (Bauträger) brutto in Rechnung und führt die zu zahlende Umsatzsteuer selbst an das Finanzamt ab.
Die vom Bauträger in der Vergangenheit (i. d. R. vor dem 15. Februar 2014) zu Unrecht gezahlte Umsatzsteuer muss die Finanzverwaltung auf Antrag an den Bauträger erstatten. Entsprechende Umsatzsteuerfestsetzungen, auch bestandskräftige, sind zu ändern.
Die Finanzverwaltung will den Erstattungsanspruch nur auszahlen, wenn der Bauträger nachweist, dass er die Umsatzsteuer an den leistenden Bauunternehmer nachträglich gezahlt hat oder seinen Anspruch wirksam an das Finanzamt abtritt.
Das Finanzgericht München folgt dieser Auffassung nicht. Nach dessen Urteil haben Bauträger Anspruch auf Erstattung der nach alter Rechtslage zu Unrecht abgeführten Umsatzsteuer unabhängig von einer nachträglichen Zahlung oder Abtretungsanzeige.
Der Bundesfinanzhof muss abschließend entscheiden.
Fälligkeit des Arbeitslohns (April 2018)
Eine Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Arbeitgebers, nach der das Entgelt für die erbrachte Arbeitsleistung erst zwischen dem 15. und dem 20. des Folgemonats fällig ist, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist daher unwirksam.
Grundsätzlich ist die Vergütung nach Leistung der Dienste zu zahlen. Wird von diesem Grundsatz abgewichen, darf das nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers führen. Gerechtfertigt ist ein Abweichen zum Beispiel, wenn der Arbeitgeber die Vergütung monatlich neu berechnen muss und dem Arbeitnehmer vorher zumindest einen Abschlag zahlt. Dies lag im Urteilsfall jedoch nicht vor.
(Quelle: Landesarbeitsgericht Baden?Württemberg)
Fünftelregelung bei durch Verzicht auf Pensionsanwartschaft als zugeflossen geltendem Arbeitslohn (April 2018)
Verzichtet ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft auf eine bereits erdiente Pensionsanwartschaft, ergeben sich hieraus steuerliche Folgen. Soweit die Pensionsanwartschaft werthaltig ist, hat der Geschäftsführer nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs in Höhe des Verzichts Arbeitslohn zu versteuern, der aber nach der sog. Fünftelregelung steuerbegünstigt ist. Weil ihm der Lohn tatsächlich nicht zufließt, liegt in gleicher Höhe eine verdeckte Einlage in die Gesellschaft vor. Sie erhöht die Anschaffungskosten der Beteiligung des Gesellschafters. Die genannten Rechtsfolgen treten nicht ein, wenn auch ein fremder Geschäftsführer unter gleichen Umständen auf die Pensionsanwartschaft verzichtet hätte. Dies kann aber nur in sehr seltenen Ausnahmefällen angenommen werden.
Diese Rechtsfolgen greifen auch in den Fällen, in denen der Geschäftsführer wegen sog. Überversorgung auf Teile seiner Pensionsanwartschaft verzichtet. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs darf eine Altersversorgung insgesamt nicht mehr als 75 % des jeweiligen Aktivgehalts betragen; andernfalls liegt in Höhe der diese Grenze übersteigenden Pensionszusage eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, die den Gewinn der Gesellschaft insoweit nicht mindern darf.
Für Vorsteuerzwecke zu beachten: Frist zur Zuordnungsentscheidung von gemischt genutzten Leistungen zum Unternehmen endet am 31. Mai (April 2018)
Bei gemischt genutzten Eingangsleistungen ist es für den Vorsteuerabzug entscheidend, in welchem Umfang eine Zuordnung zum unternehmerischen Bereich vorliegt. Nur wenn eine zumindest teilweise Zuordnung zum Unternehmensvermögen erfolgt, ist grundsätzlich der Vorsteuerabzug und in späteren Jahren gegebenenfalls eine Vorsteuerberichtigung möglich.
Ein Unternehmer hat insbesondere dann bestimmte Zuordnungswahlrechte, wenn er Gegenstände bezieht, die er teilweise unternehmerisch und teilweise nichtunternehmerisch zu verwenden beabsichtigt.
Handelt es sich bei der teilweisen nichtunternehmerischen Verwendung um eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit im engeren Sinne (z. B. ideelle, unentgeltliche Tätigkeit eines Vereins), besteht grundsätzlich ein Aufteilungsgebot. Im Wege der Billigkeit ist eine Zuordnung im vollen Umfang zum nichtunternehmerischen Bereich möglich.
Handelt es sich bei der teilweise nichtunternehmerischen Verwendung hingegen um eine unternehmensfremde Tätigkeit (z. B. Entnahme für den privaten Bedarf des Unternehmers), hat der Unternehmer in der Regel folgende Zuordnungswahlrechte:
- Der Gegenstand kann insgesamt der unternehmerischen Tätigkeit zugeordnet werden.
- Der Unternehmer kann den Gegenstand in vollem Umfang in seinem nichtunternehmerischen Bereich belassen.
- Der Gegenstand kann im Umfang der tatsächlichen (ggf. zu schätzenden) unternehmerischen Verwendung seiner unternehmerischen Tätigkeit zugeordnet werden.
Für eine Zuordnung zum unternehmerischen Bereich bedarf es weiterhin mindestens einer 10%?igen unternehmerischen Nutzung.
Wichtig ist, dass eine Zuordnungsentscheidung zum Unternehmensvermögen mit endgültiger Wirkung bis spätestens zum 31. Mai des Folgejahrs erfolgt sein muss. Die Frist gilt unabhängig von einer etwaigen verlängerten Abgabefrist für die Steuererklärung. Wird die Frist versäumt, ist im Zweifel eine spätere Zuordnung zum Unternehmensvermögen ausgeschlossen. Ein Vorsteuerabzug sowie gegebenenfalls eine Korrektur in späteren Jahren sind nicht mehr möglich.
Für Zuordnungen, die den Veranlagungszeitraum 2017 betreffen, muss bis zum 31. Mai 2018 eine Zuordnungsentscheidung erfolgt sein. Teilen Sie diese in Zweifelsfällen zur Sicherheit dem Finanzamt schriftlich mit. Sprechen Sie hierzu rechtzeitig Ihren Steuerberater an.
(Quelle: Bundesministerium der Finanzen)
Ermäßigter Umsatzsteuersatz für Leistungen einer Krankenhauscafeteria (April 2018)
Die Abgabe von Nahrungsmitteln und Speisen ist sowohl im Rahmen einer Lieferung, die dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen kann, als auch als sonstige Leistung (Dienstleistung), die immer dem vollen Umsatzsteuersatz unterliegt, möglich. Entscheidend ist, welche Elemente überwiegen.
Stellt der Gastwirt Mobiliar zur Verfügung, um den Verzehr an Ort und Stelle zu ermöglichen, liegt bei einem Verzehr an Ort und Stelle eine sonstige Leistung vor. Dient der möblierte Bereich allerdings nicht ausschließlich dazu, den Verzehr von Lebensmitteln möglicherweise zu erleichtern, sondern zugleich als Warteraum und Treffpunkt auch für Personen, die nicht Gäste der Cafeteria sind, kann er nicht dem Dienstleistungsbereich des Gastwirts zugerechnet werden. Erbringt der Gastwirt keine anderen qualitativ erheblichen Dienstleistungen (z. B. die generelle Bedienung am Tisch), erfolgt die Abgabe der Speisen trotz Vorhandenseins von Mobiliar im Rahmen einer steuersatzbegünstigten Lieferung.
(Quelle: Urteil des Bundesfinanzhofs)
Ersatz für beliebige Arten von Schadensfolgen ist keine Entschädigung (April 2018)
Ein Diplom-Ingenieur erhielt nach seiner Kündigung im Rahmen einer Abwicklungsvereinbarung eine „Abfindung“, die ausweislich der Vereinbarung als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt wurde. Eine weitere Zahlung („Nachteilsausgleich“) erfolgte als Ausgleich für jegliche Schäden, die der Ingenieur infolge seiner Kündigung erlitten zu haben glaubte. Der Ingenieur meinte, der Nachteilsausgleich sei nicht steuerbarer Schadensersatz.
Die Vorinstanz war davon ausgegangen, dass wegen der einheitlichen Vereinbarung alle Zahlungen einheitlich als Entschädigung zu beurteilen sind. Dem folgte der Bundesfinanzhof nicht.
Grundsätzlich sind alle Entschädigungen anlässlich der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses einheitlich zu beurteilen. Daraus ergibt sich aber nicht typisierend die steuerrechtliche Gleichbehandlung des Nachteilsausgleichs mit der Abfindung. Vielmehr ist zu prüfen, ob der Nachteilsausgleich „als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen" gewährt worden ist. Denn Ersatzleistungen für jede beliebige Art von Schadensfolgen werden von der gesetzlichen Regelung nicht erfasst. Auch war die ausgehandelte Abfindung angesichts von Alter, Betriebszugehörigkeit, letztem Gehalt und Erfolgsaussichten eines Arbeitsgerichtsverfahrens am oberen Ende des üblichen Rahmens. Bei Hinzurechnung des Nachteilsausgleichs würde dieser außergewöhnlich überschritten.
Bewertung eines durch Sacheinlage erworbenen Geschäftsanteils an einer Kapitalgesellschaft (März 2018)
Eine Mutterkapitalgesellschaft M hatte ihrer verlustträchtigen ausländischen Tochterkapitalgesellschaft T ein Darlehn gewährt. Es wurde 2003 zum Nominalwert als Sacheinlage zur Stammkapitalerhöhung verwendet und in der Handelsbilanz auch so bewertet. In der Steuerbilanz aktivierte M den Darlehnsbetrag als Anschaffungskosten auf die Beteiligung an der T und schrieb 50 % sofort gewinnmindernd ab. Die Abschreibung begründete M mit den schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen der T.
Das Finanzamt ließ die Abschreibung nicht zu, weil der Grundsatz des sog. Konzernrückhalts angewendet werden müsse. Dieser besagt, dass eine Abschreibung auf Forderungen gegen eine Konzern?Tochtergesellschaft nicht möglich ist, wenn und solange sie ihren Verpflichtungen nachkommt. Der Konzernrückhalt ist aus Sicht eines Drittgläubigers nämlich eine Kreditsicherheit.
Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs ist dieser Grundsatz aber nicht auf Forderungen einer Muttergesellschaft gegen ihre Tochtergesellschaft anzuwenden. Er gilt nur für Forderungen Dritter. Die M durfte deswegen die Abschreibung steuerlich geltend machen und die zu aktivierenden Anschaffungskosten für die Kapitalerhöhung mit dem gemeinen Wert des Darlehns ansetzen, der unstrittig nur die Hälfte des Nominalwerts ausmachte.
Doppelte Belastung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen (März 2018)
Ein Steuerberater/Wirtschaftsprüfer war zunächst als Arbeitnehmer beschäftigt und während dieser Zeit in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert. Später war er freiberuflich tätig, blieb aber freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die geleisteten Beiträge lagen in keinem Jahr oberhalb des jeweiligen Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung. Darüber hinaus zahlte er in erheblichem Umfang in kapitalbildende Lebensversicherungen ein. Die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung besteuerte das Finanzamt mit dem Besteuerungsanteil. Für den Rententeilbetrag, der auf Beitragszahlungen während der freiberuflichen Tätigkeit beruhte, begehrte der Steuerpflichtige die Besteuerung mit dem Ertragsanteil.
Dem folgte der Bundesfinanzhof nicht. Nach der sog. Öffnungsklausel werden auf Antrag Leibrenten nur mit dem Ertragsanteil besteuert, soweit sie auf vor 2005 geleisteten Beiträgen beruhen, die oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung gezahlt wurden. Nachgewiesen werden muss, dass der Betrag mindestens zehn Jahre überschritten wurde. Dies war im Fall nicht gegeben, sodass die Öffnungsklausel nicht angewendet werden konnte.
Beiträge zu kapitalbildenden Lebensversicherungen sind bei Beurteilung der Frage, in welchem Umfang sich die Beiträge zur Basis?Altersversorgung für den Abzug von Vorsorgeaufwendungen tatsächlich als Sonderausgaben ausgewirkt haben, nur nachrangig zu den Beiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung abzuziehen. Eine gleichrangige Berücksichtigung würde dazu führen, dass für die Basis-Altersversorgung ein geringeres Sonderausgaben?Abzugsvolumen übrig bliebe, also ein höherer Anteil aus versteuertem Einkommen geleistet wäre. Damit wäre die Schwelle der verfassungsrechtlich unzulässigen doppelten Besteuerung früher überschritten.
Angaben zu den Parteien als notwendiger Inhalt einer Berufungsschrift (März 2018)
In einem vom Bundesgerichtshof beurteilten Fall waren im Rubrum (Urteilskopf) eines erstinstanzlichen Urteils versehentlich nicht die einzelnen beklagten Wohnungseigentümer, sondern allein die Wohnungseigentümergemeinschaft als Beklagte genannt. Entsprechend des unrichtigen Rubrums legte dann die Wohnungseigentümergemeinschaft Berufung gegen das Urteil ein.
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs war die Berufung trotz der falschen Bezeichnung des Berufungsklägers zulässig. Zwar gehört zum notwendigen Inhalt einer Berufungsschrift die Angabe, für und gegen welche Partei das Rechtsmittel eingelegt wird. Klarheit über die Person des Berufungsklägers kann aber nicht nur durch dessen ausdrückliche Bezeichnung, sondern auch im Wege der Auslegung der Berufungsschrift und die weiterhin vorhandenen Unterlagen erlangt werden. Die durch ein Urteil scheinbar beschwerte Partei ist stets befugt, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen, um den Schein eines sie beschwerenden Urteils zu beseitigen.
Arbeitnehmerhaftung: Kassiererin haftet nicht, wenn sie professionell betrogen wurde (März 2018)
Eine Mitarbeiterin, die auf einen Betrug zum Nachteil ihres Arbeitgebers hereinfällt, muss ihm dafür nicht zwangsläufig haften. Dies geht aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf hervor.
Eine Tankstellenkassiererin, die nach ihrem Arbeitsvertrag nur für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz haftete, war Opfer einer sog. Spoofing-Attacke geworden. Beim Spoofing täuschen Betrüger eine falsche Identität vor. Im konkreten Fall gab sich ein erster Anrufer als Mitarbeiter einer Telefongesellschaft aus und behauptete, die in der Tankstelle vorhandenen Prepaid-Karten müssten ausgetauscht werden. Dazu sei es erforderlich, dass die Codes der Karten dem Systembetreiber der Tankstelle mitgeteilt würden. Ein Mitarbeiter dieser Firma werde sich später melden. Unmittelbar danach rief eine zweite Person, die sich als Mitarbeiter des Systembetreibers ausgab, bei der Tankstellenmitarbeiterin an, die daraufhin alle Prepaid-Karten in das System einscannte und dieser Person die dazugehörigen Codes telefonisch mitteilte. Anders als sonst erschien dabei im System kein Warnhinweis, Codes von Prepaid-Karten nicht am Telefon mitzuteilen. Durch Manipulationen hatten die Betrüger erreicht, dass bei ihren Anrufen in der Tankstelle im dortigen Display die Telefonnummern der von ihnen angeblich vertretenen Firmen erschienen. Eine Versicherungsgesellschaft ersetzte dem Arbeitgeber den entstandenen Schaden von rd. 4.000 €, wollte aber bei der Mitarbeiterin Rückgriff nehmen. Die Mitarbeiterin sei bei ihrem Arbeitsantritt darauf hingewiesen worden, Codes von Prepaid-Karten nicht am Telefon herauszugeben.
Das Gericht wies die Klage ab, weil die Kassiererin nicht grob fahrlässig gehandelt habe. Vielmehr sei sie Opfer eines professionellen Betrugs geworden.
Ausfall einer Kapitalforderung kann auch nach Einführung der Abgeltungsteuer steuerlich anzuerkennen sein (März 2018)
Die Privatperson A gewährte einem Dritten ein Darlehn. Bereits ein Jahr nach der Darlehnsgewährung erfolgten keine Rückzahlungen mehr und ein weiteres Jahr später wurde über das Vermögen des Darlehnsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet. A meldete seine Darlehnsforderung zur Insolvenztabelle an und machte den Ausfall der Darlehnsforderung in seiner Einkommensteuererklärung geltend.
Das Finanzamt lehnte die steuerliche Anerkennung des Verlusts ab. Aufwendungen, die das Kapital eines Darlehns betreffen, gehören seiner Auffassung nach nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen.
Der Bundesfinanzhof sah das anders. Der Ausfall einer Kapitalforderung führt zu einem steuerlich relevanten Verlust. Das gilt allerdings nur, wenn endgültig feststeht, dass keine weiteren Rückzahlungen aus der Darlehnsforderung mehr erfolgen werden. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens allein reicht dafür nicht aus, es sei denn, die Eröffnung wurde mangels Masse abgelehnt.
Mietzuschlag bei unwirksamer Schönheitsreparaturklausel auch bei preisgebundenem Wohnraum möglich (März 2018)
Bei preisgebundenem Wohnraum kann der Vermieter die Miete um einen Zuschlag für Schönheitsreparaturen erhöhen, wenn die Renovierungsklausel im Mietvertrag unwirksam ist. Er muss dem Mieter vorher nicht anbieten, die unwirksame Vertragsklausel durch eine wirksame zu ersetzen. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Der Mieter einer öffentlich geförderten und dem Wohnungsbindungsgesetz unterliegenden Wohnung verlangte vom Vermieter die Rückzahlung zuviel gezahlter Miete, da die im Mietvertrag enthaltene Schönheitsreparaturklausel unwirksam war. Aufgrund der Unwirksamkeit der Klausel hatte der Vermieter vom Mieter einen Mietzuschlag verlangt. Der Mieter hatte diesen Erhöhungsbetrag unter Vorbehalt gezahlt. Er war der Auffassung, dass der Vermieter mit ihm zunächst eine wirksame Klausel hätte vereinbaren müssen.
Nach Auffassung des Gerichts ist die Mieterhöhung wirksam. Weil die Schönheitsreparaturklausel im Vertrag unwirksam ist, obliegt dem Vermieter die Durchführung von Schönheitsreparaturen. Bei öffentlich gefördertem Wohnraum kann der Vermieter die Miete einseitig bis zur Höhe des zulässigen Entgelts erhöhen. Das ist die Kostenmiete, d. h. die Miete, die zur Abdeckung der laufenden Aufwendungen erforderlich ist, zuzüglich der Instandhaltungskosten, wozu auch die Schönheitsreparaturen gehören. Ist die im Mietvertrag vereinbarte Klausel hingegen wirksam, darf der Vermieter selbstverständlich keine Aufwendungen für Schönheitsreparaturen in die Miete einrechnen.
Mindestlohn als Berechnungsgrundlage für Urlaubs- und Feiertagsvergütung sowie Nachtarbeitszuschlag (März 2018)
In einem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall zahlte ein Arbeitgeber einer als Montagekraft beschäftigten Arbeitnehmerin gemäß dem einschlägigen Tarifvertrag einen Stundenlohn von 7,00 € bzw. 7,15 € sowie eine Zulage, durch die der gesetzliche Mindestlohn erreicht wurde. Der Tarifvertrag sah außerdem einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 25 % des tatsächlichen Stundenlohns und ein „Urlaubsentgelt“ in Höhe des 1,5 fachen durchschnittlichen Arbeitsverdiensts vor.
Der Arbeitgeber berechnete die Vergütungen für Feier- und Urlaubstage ebenso wie den Nachtarbeitszuschlag auf der Grundlage der niedrigen vertraglichen Stundenvergütung. Die Arbeitnehmerin vertrat die Auffassung, dass diese Vergütungen auf der Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns zu ermitteln seien.
Das Gericht gab der Arbeitnehmerin Recht. Der Arbeitgeber hat für Arbeitszeit, die aufgrund eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, das Arbeitsentgelt zu zahlen, das die Arbeitnehmerin ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. Mangels abweichender Bestimmungen gilt dies auch dann, wenn sich die Höhe des Arbeitsentgelts aus dem Mindestlohngesetz ergibt. Auch der tarifliche Nachtzuschlag und das tarifliche Urlaubsentgelt sind (mindestens) nach dem gesetzlichen Mindestlohn zu berechnen, da dieser Teil des tatsächlichen Stundenverdiensts im Sinne des Tarifvertrags ist.
Leistungen des Nutzungsberechtigten als Betriebsausgaben beim Wirtschaftsüberlassungsvertrag (März 2018)
Leistungen Nutzungsberechtigter an den Überlassenden aus einem Wirtschaftsüberlassungsvertrag können als Betriebsausgaben abziehbar sein.
Wirtschaftsüberlassungsverträge in der Landwirtschaft ermöglichen einen gleitenden Übergang der unternehmerischen Tätigkeit, ohne dass der Übergebende seine Eigentumsrechte verliert. Solche Überlassungsverträge sind einer Betriebsverpachtung im Ganzen ähnlich. Als Gegenleistung für die Überlassung erhält der Eigentümer altenteilsähnliche Leistungen, wie u. a. die Übernahme von Strom-, Heizungs-, Wasser- und Versicherungskosten. Diese Leistungen sind aufgrund einer gesetzlichen Neufassung seit 2008 nicht mehr als Sonderausgaben abziehbar.
Der Bundesfinanzhof hat jedoch entschieden, dass diese Aufwendungen des Übernehmers als Betriebsausgaben abziehbar sind. Voraussetzung ist, dass der Hofeigentümer für die Überlassung des Betriebs kein überhöhtes Entgelt bezieht. Nicht abziehbar sind jedoch Zahlungen des Betriebsübernehmers für die Kosten der Lebenshaltung des Betriebsübergebers.
Meldungen zum und Einsichtnahme in das Transparenzregister (März 2018)
Bereits seit dem 1. Oktober 2017 unterliegen alle inländischen juristischen Personen des Privatrechts, eingetragenen Personengesellschaften (mit Ausnahme von BGB-Außengesellschaften), Verwalter sog. Trusts und Treuhänder den gesetzlichen Pflichten im Zusammenhang mit dem neu geschaffenen Transparenzregister. Hierbei handelt es sich um eine beim Bundesanzeiger geführte elektronische Plattform. Ab dem 27. Dezember 2017 ist erstmals die Einsichtnahme der Registereintragungen möglich.
Ergeben sich die hinter einem Unternehmen stehenden wirtschaftlich Berechtigten nicht bereits aus anderen öffentlichen Quellen, wie z. B. dem Handels-, Vereins- oder Unternehmensregister, sind Geschäftsführung, Verwalter bzw. Treuhänder verpflichtet, diese unverzüglich beim Transparenzregister zu melden. Als wirtschaftlich Berechtigte zählen natürliche Personen, die unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 % der Kapitalanteile oder Stimmrechte halten oder auf vergleichbare Weise Kontrolle ausüben. Die einzuholenden und beim Transparenzregister einzureichenden Informationen umfassen Vor- und Nachname, Geburtsdatum, Wohnort sowie Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses nebst etwaiger Änderungen dieser Angaben. Börsennotierte Gesellschaften sind unter bestimmten Bedingungen ausgenommen.
Wer seine Pflicht zur Einholung, Aufbewahrung oder Mitteilung der notwendigen Angaben nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfüllt, handelt ordnungswidrig und kann mit einer erheblichen Geldbuße belegt werden.
Die ab Ende Dezember 2017 mögliche Einsichtnahme in das Transparenzregister ist regelmäßig nur bestimmten Berufsgruppen oder unter Darlegung des berechtigten Interesses möglich.
Beispiel: Eine GmbH hat beim Handelsregister eine Gesellschafterliste hinterlegt. Daraus ergibt sich, dass drei natürliche Personen jeweils mehr als 25 % der Gesellschaftsanteile halten. In diesem Fall bedarf es regelmäßig keiner weiteren Handlungen der Meldepflichtigen. Steht hinter einem der Gesellschafter jedoch ein Treugeber, der sich nicht aus einem öffentlich zugänglichen Register ergibt, ist dieser anzugeben.
Tipp: Betroffene Gesellschaften sollten regelmäßig überprüfen, ob sich Änderungen bei den wirtschaftlich Berechtigten ergeben haben. Es empfiehlt sich daher, ein entsprechendes Compliance-System einzurichten.
Leistungen des Nutzungsberechtigten als Betriebsausgaben beim Wirtschaftsüberlassungsvertrag (Februar 2018)
Leistungen Nutzungsberechtigter an den Überlassenden aus einem Wirtschaftsüberlassungsvertrag können als Betriebsausgaben abziehbar sein.
Wirtschaftsüberlassungsverträge in der Landwirtschaft ermöglichen einen gleitenden Übergang der unternehmerischen Tätigkeit, ohne dass der Übergebende seine Eigentumsrechte verliert. Solche Überlassungsverträge sind einer Betriebsverpachtung im Ganzen ähnlich. Als Gegenleistung für die Überlassung erhält der Eigentümer altenteilsähnliche Leistungen, wie u. a. die Übernahme von Strom-, Heizungs-, Wasser- und Versicherungskosten. Diese Leistungen sind aufgrund einer gesetzlichen Neufassung seit 2008 nicht mehr als Sonderausgaben abziehbar.
Der Bundesfinanzhof hat jedoch entschieden, dass diese Aufwendungen des Übernehmers als Betriebsausgaben abziehbar sind. Voraussetzung ist, dass der Hofeigentümer für die Überlassung des Betriebs kein überhöhtes Entgelt bezieht. Nicht abziehbar sind jedoch Zahlungen des Betriebsübernehmers für die Kosten der Lebenshaltung des Betriebsübergebers.
Konkurrenztätigkeit als Grund für außerordentliche Kündigung (Februar 2018)
Arbeitnehmern ist es nicht gestattet, während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses Tätigkeiten für ein Konkurrenzunternehmen des Arbeitgebers auszuüben. Dies gilt auch und erst recht während einer Krankschreibung. Ein solches Verhalten kann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.
Hat der Arbeitgeber einen auf Tatsachen gestützten konkreten Verdacht einer solch erheblichen Pflichtverletzung des Arbeitnehmers, kann auch eine vom Arbeitgeber veranlasste verdeckte Überwachung des Arbeitnehmers durch einen Detektiv gerechtfertigt sein. Dies ist nicht erst dann zulässig, wenn der Verdacht einer im Beschäftigungsverhältnis begangenen Straftat besteht. Entsprechenden Erkenntnissen darf in einem Kündigungsschutzprozess durch eine Beweiserhebung nachgegangen werden. Dies hat kürzlich das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Keine Unterbrechung der Außenprüfung bei nur ein Prüfungsjahr betreffenden Prüfungshandlungen (Februar 2018)
Der Bundesfinanzhof hatte darüber zu entscheiden, ob die Ergebnisse einer Außenprüfung trotz mehrerer langandauernder Unterbrechungen ausgewertet werden durften. Dem Urteil lag chronologisch dargestellt der nachfolgend geschilderte Fall zugrunde:
- Prüfungsanordnung für die Jahre 2001 und 2002 aus November 2006,
- Beginn der Prüfung durch Erscheinen der Prüferin im Unternehmen im Dezember 2006 um Datenträger mit Buchführungsdaten in Empfang zu nehmen,
- Anfertigung handschriftlicher Notizen und Ausdruck von Daten für das Jahr 2001 nach prüfungsrelevanten Kriterien aus einer Prüfungssoftware der Finanzverwaltung an drei Terminen im Dezember 2006 und Januar 2007,
- weitere Ausdrucke im April 2008, November/Dezember 2009 und im November 2010.
Schriftlich meldete sich die Prüferin zwischenzeitlich nur einmal im Dezember 2009 um mitzuteilen, dass sie die bereits begonnene Prüfung fortsetzen wolle. Dies lehnte das Unternehmen unter Hinweis auf eine zwischenzeitlich eingetretene Festsetzungsverjährung ab. Der Bundesfinanzhof folgte dieser Ansicht nicht.
Die Prüfung wurde nach Beginn im Dezember 2006 zeitnah fortgesetzt. Durch den Beginn der Außenprüfung war der Ablauf der für die Streitjahre 2001 und 2002 jeweils maßgeblichen Festsetzungsfrist gehemmt. Die in dieser Zeit vorgenommenen Handlungen gehen über das Studium von Vorbereitungshandlungen, das Einholen allgemeiner Informationen über die betrieblichen Verhältnisse, das Rechnungswesen und die Buchführung sowie die bloße Sichtung von Unterlagen des zu prüfenden Steuerfalls oder ein allgemeines Aktenstudium hinaus. Folglich hatte die Prüfung für den gesamten Prüfungszeitraum begonnen. Es ist unerheblich, auf welches der Prüfung unterliegende Jahr sich die ersten Prüfungshandlungen erstrecken. Eine Außenprüfung bezieht sich einheitlich auf alle in der Prüfungsanordnung genannten Jahre. Sie ist nicht in Teilabschnitte aufzuteilen.
Keine Veräußerungsgewinnbesteuerung für zu eigenen Wohnzwecken genutzte Zweit- oder Ferienwohnungen (Februar 2018)
Beträgt für im Privatvermögen gehaltene Wohnungen der Zeitraum zwischen ihrer Anschaffung und einer späteren Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre, ist ein daraus resultierender Gewinn einkommensteuerpflichtig.
Die Regelung gilt nicht für Wohnungen, die ausschließlich oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden. Darin einzubeziehen sind nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs auch Ferien- oder Zweitwohnungen, die nur zeitweilig bewohnt und in der übrigen Zeit dem Eigentümer als Wohnung zur Verfügung stehen.
Die für die Steuervergünstigung erforderliche Nutzung zu -eigenen Wohnzwecken- setzt nicht voraus, dass es sich um die Hauptwohnung handelt oder sich dort der Schwerpunkt der persönlichen und familiären Lebensverhältnisse befindet. Ein Eigentümer kann mehrere Wohnungen zu eigenen Wohnzwecken nutzen. Deshalb gehören auch nicht vermietete Ferienwohnungen und im Rahmen der doppelten Haushaltsführung genutzte eigene Wohnungen in den Anwendungsbereich.
Keine Anwendung des sog. Sanierungserlasses auf Altfälle (Februar 2018)
Bis zum Veranlagungszeitraum 1997 galt für Gewinne, die insolvenzgefährdeten Unternehmen durch einen Forderungsverzicht der Gläubiger entstanden, eine gesetzliche Steuerbefreiung. Seitdem waren Sanierungsgewinne regelmäßig steuerpflichtig. Durch den im März 2003 herausgegebenen sog. Sanierungserlass konnten Finanzämter den betroffenen Unternehmen jedoch ggf. durch eine Stundung oder einen Erlass der Steuer helfen.
Da es der Finanzverwaltung verwehrt ist, diese Gewinne aufgrund eigener Entscheidung von der Besteuerung zu befreien, wurde der Sanierungserlass durch den Bundesfinanzhof verworfen. Daraufhin hat das Bundesministerium der Finanzen den Erlass insoweit für weiterhin uneingeschränkt anwendbar erklärt, wie die an der Sanierung beteiligten Gläubiger bis einschließlich zum 8. Februar 2017 (Veröffentlichung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs) endgültig auf ihre Forderungen verzichtet haben.
Auch diese Verwaltungsanweisung verstößt nach Überzeugung des Bundesfinanzhofs gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und ist daher rechtswidrig. Solche Regelungen hätte nur der Gesetzgeber treffen können.
Hinweis: Inzwischen sind antragsgebundene Steuerbefreiungstatbestände für Sanierungsgewinne geschaffen worden. Die gesetzlichen Regelungen sind erstmals in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem 8. Februar 2017 erlassen wurden. Sie stehen jedoch noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung der EU-Kommission.
Keine Feststellungsklage gegen tatsächliche Verständigung (Februar 2018)
Ist im Zuge eines Besteuerungsverfahrens ein konkreter steuerlich relevanter Sachverhalt nur schwer, d. h. mit einem nicht mehr vertretbaren Arbeits- oder Zeitaufwand, zu ermitteln, kann eine tatsächliche Verständigung zwischen dem Steuerpflichtigen und der Finanzbehörde sinnvoll sein. Die tatsächliche Verständigung stellt keinen Verwaltungsakt dar. Bindungswirkung erwächst ihr jedoch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben. Die Beteiligten - nicht jedoch Dritte - sind mit Abschluss der tatsächlichen Verständigung an die vereinbarte Tatsachenbehandlung gebunden, wenn sie wirksam und unanfechtbar zustande gekommen ist.
Hält der Steuerpflichtige die tatsächliche Verständigung für unwirksam, muss er gegen die auf Grundlage der Verständigung erlassenen Steuerbescheide Einspruch einlegen bzw. Klage erheben. Im Rahmen dieser Rechtsbehelfsverfahren wird nebenbei auch die Wirksamkeit der tatsächlichen Verständigung überprüft. Ein Rechtsbehelf gegen die tatsächliche Verständigung selber sowie eine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der tatsächlichen Verständigung sind nicht statthaft.
(Quelle: Beschluss des Bundesfinanzhofs)
Haftung der Organgesellschaft bei mehrstufiger Organschaft auf Steueransprüche gegen den -unmittelbaren- Organträger beschränkt (Februar 2018)
Besteht ein Organschaftsverhältnis, ist Steuerschuldner (abgesehen von der Steuerpflicht von Ausgleichszahlungen) der Organträger. Die Organgesellschaft haftet jedoch für solche Steuern des Organträgers, für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist. Hierdurch sollen im Fall einer Zahlungsunfähigkeit des Organträgers Steuerausfälle vermieden werden, die durch die Vermögensverlagerungen innerhalb des Organkreises entstehen könnten.
Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass diese Haftung auch bei mehrstufigen Organschaften auf solche Steueransprüche beschränkt ist, die gegen den durch das konkrete Organschaftsverhältnis bestimmten Organträger gerichtet sind. Dies bedeutet: Ist der Organträger (OT 1) selber wiederum Organgesellschaft eines Organträgers (OT 2), haftet die Organgesellschaft (OG 1) nicht für die Steuern des OT 2. Eine Haftung für dessen Steuern könnte sich ergeben, wenn eine sog. mittelbare Organschaft besteht. Hieran fehlte es jedoch vorliegend.
Kein Steuerstundungsmodell bei lediglich hohen negativen Zwischengewinn (Februar 2018)
Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell dürfen nur mit Einkünften aus derselben Einkunftsquelle in den folgenden Wirtschaftsjahren verrechnet werden. Diese Einschränkung der Verlustverrechnung gilt sinngemäß auch für Kapitaleinkünfte.
Hohe negative Zwischengewinne beim Erwerb von Anteilen an einem Investmentfonds erfüllen grundsätzlich nicht die Voraussetzungen für ein Steuerstundungsmodell.
Durch die Berücksichtigung von Zwischengewinnen als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen soll eine Überbesteuerung beim späteren Ertragszufluss vermieden werden. Solche negativen Zwischengewinne sind deshalb nicht als unangemessene Aufwendungen zur Erzielung von Kapitaleinkünften anzusehen.
Im Gegensatz hierzu sollen bei einem Steuerstundungsmodell aufgrund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden. Hierunter kann nur die Erstellung einer ausführlichen und regelmäßig an mehrere Interessenten gerichteten Investitionskonzeption zählen. Die Beteiligung wird in diesem Fall gezielt deshalb aufgelegt, um Steuerspareffekte zu erreichen.
(Quelle: Urteil des Bundesfinanzhofs)
Fälligkeit der Umsatzsteuer und Besteuerung von Reiseleistungen auf dem Prüfstand des Gerichtshofs der Europäischen Union (Februar 2018)
Der Bundesfinanzhof hat zur Frage der Fälligkeit der Umsatzsteuer den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) angerufen. Es soll die Entscheidung darüber herbeigeführt werden, ob es auf den Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes oder den Zeitpunkt der Zahlung ankommt.
Nach bisheriger deutscher Gesetzeslage kommt es für die Fälligkeit der Umsatzsteuer im Normalfall auf den Zeitpunkt der Ausführung einer Lieferung oder sonstigen Leistung an (Sollbesteuerung). Der Bundesfinanzhof hat Zweifel an dieser Regelung, da der Unternehmer in einer Funktion als Steuereinnehmer für Rechnung des Staats und im Interesse der Staatskasse handelt. Er schuldet die Mehrwertsteuer, obwohl sie als Verbrauchssteuer letztlich vom Endverbraucher getragen werden soll. Bei der Art der Steuererhebung kann es für den leistenden Unternehmer unter Umständen zu einer Vorfinanzierung über einen Zeitraum von mehreren Jahren kommen, weil sich die Zahlung entsprechend verzögert oder die Zahlungsmodalitäten zwischen den Vertragsparteien dies vorsehen.
Die zweite dem EuGH vorgelegte Frage betrifft die Besteuerung von Reiseleistungen. Nach bisherigem deutschen Umsatzsteuerrecht gilt für Reiseleistungen an Endverbraucher die sog. Margenbesteuerung. Die Besteuerungsgrundlage ergibt sich aus dem Unterschied zwischen dem Reisepreis und dem Betrag, den das Reisebüro für die Reisevorleistungen aufzuwenden hat. Die so ermittelte sonstige Leistung (Marge) ist mit dem Regelsteuersatz von 19 % zu versteuern. Ein Vorsteuerabzug steht dem Reisebüro darüber hinaus nicht zu.
Der Bundesfinanzhof stellt fest, dass nach EU-Recht begünstigte Steuersätze für die Beherbergung in Hotels und ähnlichen Einrichtungen angewendet werden können. Der deutsche Gesetzgeber wendet diese Regelung zwar für das Hotelgewerbe an; sie gilt aber nicht für Reiseleistungen, die der Margenbesteuerung unterliegen. Deshalb stellt der Bundesfinanzhof die Frage, ob für Reiseleistungen neben der Margenbesteuerung auch der ermäßigte Steuersatz (zurzeit 7 %) anzuwenden ist.
Freie Unterkunft oder freie Wohnung als Sachbezug ab 1. Januar 2018 (Februar 2018)
Die Gewährung freier Unterkunft oder freier Wohnung ist bei der Berechnung der Lohnsteuer und der Sozialversicherungsbeiträge zu berücksichtigen.
Dabei ist zu unterscheiden zwischen
- freier Wohnung:
- Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Wohnung unentgeltlich zur Verfügung, ist der ortsübliche Mietpreis zu berücksichtigen. Für Nebenkosten ist der Endpreis am Abgabeort anzusetzen.
- Unter einer Wohnung ist eine geschlossene Einheit von Räumen zu verstehen, in denen ein selbstständiger Haushalt geführt werden kann.
- freier Unterkunft:
- Werden Räume überlassen, die keine Wohnung sind, handelt es sich um eine Unterkunft.
Ab dem 1. Januar 2018 gelten folgende Sachbezugswerte:
Sachbezugswert freie Unterkunft
Monat
Kalendertag
Für den m²
Für den m² (bei einfacher Ausstattung)
Alte und neue Bundesländer
226,00 €
7,53 €
3,97 €
3,24 €
- Heizung und Beleuchtung sind in diesen Werten enthalten. Der Wert der Unterkunft kann mit dem ortsüblichen Mietpreis bewertet werden, wenn der Tabellenwert nach Lage des Einzelfalls unbillig wäre.
- Ist der Arbeitnehmer in den Haushalt des Arbeitgebers aufgenommen oder ist die Unterkunft mit mehreren Beschäftigten belegt, vermindert sich der Wert von 226,00 € um 15 % auf 192,10 €.
- Für Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs und für Auszubildende beträgt der Sachbezugswert 192,10 € im Monat (6,40 € kalendertäglich).
Gewerbesteuerlicher Verlustabzug auch bei Einbringung einer Kapitalgesellschaft in Personengesellschaft möglich (Februar 2018)
Erwirtschaftet ein Unternehmen Gewerbeverluste, können sie mit künftigen positiven Gewerbeerträgen verrechnet werden (sog. Verlustabzug). Dies ist aber nur dann möglich, wenn zum Zeitpunkt des Verlustabzugs die Unternehmer- und Unternehmensidentität gegeben ist.
Unternehmeridentität bedeutet, dass derjenige, der den Verlustabzug in Anspruch nimmt, den Verlust auch in eigener Person erlitten haben muss. Unternehmensidentität ist gegeben, wenn der im Ausgleichsjahr bestehende Gewerbebetrieb mit dem Betrieb identisch ist, bei dem der Verlust entstanden ist. Merkmale hierfür sind bspw. die Art der Betätigung, der Kunden- und Lieferantenkreis, die Arbeitnehmerschaft sowie der Umfang und die Zusammensetzung des Aktivvermögens.
In einem vom Finanzgericht Baden?Württemberg entschiedenen Fall war die B AG, die erhebliche Gewerbeverluste erzielt hatte, alleinige Kommanditistin der A GmbH & Co. KG. Die GmbH war als Komplementärin nicht am Vermögen beteiligt. Durch einen Ausgliederungs- und Übernahmevertrag übernahm die A den gesamten Geschäftsbetrieb der B. Das Finanzamt ließ den Verlustabzug der von der B erzielten Verluste bei der A wegen Fehlens der Unternehmer- und Unternehmensidentität nicht zu.
Das Finanzgericht entschied aber, dass der Verlustabzug bei der A zulässig ist. Die Unternehmeridentität ist gewahrt, weil die B alleinige Gesellschafterin der A ist. Die Unternehmensidentität ist durch die Übernahme des gesamten Geschäftsbetriebs gewahrt.
Der Bundesfinanzhof muss abschließend entscheiden.
Gewerbliche Prägung einer Einheits-GmbH & Co. KG trotz Geschäftsführungsbefugnis der Kommanditisten im Bereich Gesellschafterrechte (Februar 2018)
Eine nicht originär gewerblich tätige GmbH & Co. KG hat nur dann Einkünfte aus Gewerbetrieb, wenn persönlich haftende Gesellschafterin eine GmbH ist und nur diese zur Geschäftsführung befugt ist. Man spricht dann von einer gewerblich geprägten Personengesellschaft. Bei einer sog. Einheits-GmbH & Co. KG, bei der die Kommanditgesellschaft (KG) die Alleingesellschafterin der Komplementär-GmbH ist, kann es zu Interessenkollisionen bei der Willensbildung in der Komplementär-GmbH kommen, weil die GmbH die Gesellschafterrechte an sich selbst durch ihren Geschäftsführer (über die KG) ausübt.
Werden deswegen im KG-Gesellschaftsvertrag den Kommanditisten Geschäftsführungsbefugnisse für den Bereich „Ausübung der Gesellschafterrechte“ eingeräumt, ist dies nach Auffassung des Bundesfinanzhofs kein Kriterium, das gegen die gewerbliche Prägung einer Einheits-GmbH & Co. KG spricht.
-Kauf bricht nicht Miete - gilt auch, wenn der Vermieter nicht Eigentümer ist (Februar 2018)
Auch wenn Vermieter und Verkäufer nicht identisch sind, kann ein Mietverhältnis kraft Gesetzes auf den Grundstückskäufer übergehen. Dies gilt, wenn die Vermietung des veräußerten Grundstücks mit Zustimmung und im alleinigen wirtschaftlichen Interesse des Eigentümers erfolgte und der Vermieter kein eigenes Interesse am Fortbestand des Mietverhältnisses hat. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Ein Gewerbemieter hatte die Räume von einer Handels-GmbH gemietet. Eigentümer war seinerzeit aber eine Grundstücksgesellschafts-GmbH. Die Handelsgesellschaft war aus strategischen Gründen ins Leben gerufen worden und hatte den Mietvertrag auf Anweisung der Grundstücksgesellschaft abgeschlossen. Letztere hatte die Immobilie auch verwaltet und die Miete eingezogen.
Die Grundstücksgesellschaft verkaufte nach einiger Zeit die Immobilie. Dem Kaufvertrag war eine Mieterliste beigefügt. Ferner übertrug die Grundstücksgesellschaft sämtliche Rechte und Pflichten aus den Mietverträgen ab Übergabe auf den Erwerber. Zwei Jahre später kündigte der Erwerber die Mietverhältnisse und klagte auf Räumung. Da die Mietverträge keine Kündigungsmöglichkeit vorsahen, kam es entscheidend darauf an, ob der Grundstückskäufer an den Mietvertrag gebunden war, also, ob der Vertrag beim Grundstückserwerb kraft Gesetzes auf ihn übergegangen war. Das Gesetz sieht einen solchen Übergang vor, wenn eine vermietete Immobilie vom Vermieter an einen Dritten veräußert wird („Kauf bricht nicht Miete“).
In dem vom Gericht entschiedenen Fall fehlte es jedoch an der vom Gesetz vorausgesetzten Identität von Vermieter und Verkäufer, da die verkaufende Gesellschaft nie Vermieterin gewesen ist. Die Richter bejahten dennoch eine Bindung des Grundstückskäufers an den Mietvertrag und wiesen die Räumungsklage ab, da die Vorschrift zwar nicht direkt, jedoch entsprechend anwendbar ist. Voraussetzung für eine entsprechende Anwendung der Vorschrift ist, dass die Vermietung mit Zustimmung des Eigentümers erfolgt, im alleinigen wirtschaftlichen Interesse des Eigentümers liegt und der Vermieter kein eigenes Interesse am Fortbestand des Mietverhältnisses hat. Im entschiedenen Fall waren die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt. Der Grundstückskäufer ist als Vermieter in den noch laufenden Mietvertrag eingetreten. Eine vorzeitige ordentliche Kündigung war folglich nicht möglich, so dass die Räumungsklage keinen Erfolg hatte.
Änderungen des Mutterschutzgesetzes zum 1. Januar 2018 (Februar 2018)
Zum 1. Januar 2018 greifen wesentliche Änderungen des Mutterschutzgesetzes, durch die der Arbeitsschutz von Frauen während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit verstärkt wird.
Der geschützte Personenkreis wird erheblich ausgeweitet. Gesetzlich geschützt werden künftig u. a. auch
- Frauen in betrieblicher Berufsbildung und Praktikantinnen,
- Frauen mit Behinderung, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt sind,
- Frauen, die als Entwicklungshelferinnen tätig sind,
- Frauen, die nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz beschäftigt sind,
- Frauen, die in Heimarbeit beschäftigt sind,
- arbeitnehmerähnliche Selbstständige sowie
- Schülerinnen und Studentinnen, insbesondere soweit die Ausbildungsstelle Ort, Zeit und Ablauf der Ausbildungsveranstaltung verpflichtend vorgibt.
Arbeitgeber sollen Beschäftigungsverbote aus betrieblichen Gründen vermeiden. Diese sollen nur noch dann in Betracht kommen, wenn alle anderen Maßnahmen, eine unverantwortbare Gefährdung zu vermeiden, versagen. Daher werden Arbeitgeber verpflichtet, konkrete Arbeitsplätze hinsichtlich einer solchen Gefährdung zu beurteilen. Liegt eine unverantwortbare Gefährdung vor, greift ein dreistufiges Verfahren.
Stufe 1: Der Arbeitgeber muss die Arbeitsbedingungen durch Schutzmaßnahmen umgestalten.
Stufe 2: Ist das nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich, muss der Arbeitgeber einen anderen geeigneten und zumutbaren Arbeitsplatz für die schwangere Frau finden.
Stufe 3: Erst wenn der Arbeitgeber unverantwortbare Gefährdungen weder durch Schutzmaßnahmen noch durch einen Arbeitsplatzwechsel ausschließen kann, greift ein betriebliches Beschäftigungsverbot.
Darüber hinausgehend soll es Arbeitsverbote gegen den Willen der Frau künftig nicht mehr geben. Grundsätzlich darf ein Arbeitgeber eine schwangere oder stillende Frau nicht zwischen 20 Uhr und 6 Uhr beschäftigen. Sofern die Frau jedoch einwilligt, aus ärztlicher Sicht nichts dagegen spricht und insbesondere eine unverantwortbare Gefährdung ausgeschlossen ist, darf der Arbeitgeber sie bis 22 Uhr beschäftigen. Auch die Möglichkeit der Sonn- und Feiertagsarbeit wird auf Wunsch der Schwangeren erweitert.
Hinweis: Bereits seit der Verkündung des Gesetzes am 30. Mai 2017 erhalten Mütter von Kindern mit Behinderungen insgesamt zwölf Wochen Mutterschutz und damit vier Wochen mehr als bisher. Weiterhin gibt es einen Kündigungsschutz für Frauen, die nach der zwölften Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erlitten haben.
Anerkennung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft (Februar 2018)
Eine Organschaft liegt vor, wenn eine Kapitalgesellschaft (z. B. GmbH) in einem tatsächlichen und rechtlichen Unterordnungsverhältnis zu einem anderen Unternehmen (Organträger) steht, sodass die Kapitalgesellschaft (Organgesellschaft) bei wirtschaftlicher Betrachtung als unselbstständig anzusehen ist. Steuerliche Folge einer Organschaft ist, dass dem Organträger das Einkommen der Organgesellschaft zugerechnet wird.
Organgesellschaft kann nur eine Kapitalgesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland sein, Organträger jede natürliche Person, Personengesellschaft oder Körperschaft, die ein inländisches gewerbliches Unternehmen betreibt.
Voraussetzung ist die finanzielle Eingliederung der abhängigen Organgesellschaft in das beherrschende Unternehmen, dem Organträger. Diese liegt vor, wenn dem Organträger die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft zusteht.
Für körperschaftsteuerliche (und gewerbesteuerliche) Zwecke bedarf es eines Gewinnabführungsvertrags. Die Organgesellschaft muss sich wirksam verpflichten, ihren gesamten Gewinn an den Organträger abzuführen. Der Gewinnabführungsvertrag muss auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen und während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt werden.
Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass es für die Anerkennung eines Organschaftsverhältnisses nicht erforderlich ist, dass während der ersten fünf Jahre der Laufzeit alle gesetzlich geforderten Voraussetzungen vorliegen müssen. Lediglich der Gewinnabführungsvertrag muss über fünf Jahre abgeschlossen sein und tatsächlich durchgeführt werden. Fehlt es in einzelnen Jahren an der finanziellen Eingliederung, ist die steuerrechtliche Anerkennung der Organschaft nur für die betreffenden Jahre zu versagen. Die zivilrechtliche Wirksamkeit der Vereinbarung bleibt hiervon unberührt. Folglich führt eine „Unterbrechung der Organschaft“ vor Ablauf der vertraglichen Mindestlaufzeit nicht dazu, dass die Organschaft insgesamt zu versagen ist.
Anwalt darf zulässige Nebentätigkeit in den Kanzleiräumen ausüben (Februar 2018)
Eine Rechtsanwaltskammer beanstandete gegenüber einem Rechtsanwalt, dass er in den Räumen seiner Anwaltssozietät auch eine Immobilienverwaltung ausübte. Nach Auffassung der Kammer verstieß der Rechtsanwalt hierdurch gegen seine Kanzleipflicht, insbesondere seine Verschwiegenheitspflicht. Die Sicherung der strafprozessualen Beschlagnahmeverbote erfordere eine räumliche Trennung von Kanzlei und Immobilienverwaltung.
Der Bundesgerichtshof widersprach der Auffassung der Rechtsanwaltskammer. Vor Beschlagnahme geschützt seien nur bestimmte, der anwaltlichen Tätigkeit zuzuordnende Gegenstände, die dem (Mit?)Gewahrsam des Rechtsanwalts als Zeugnisverweigerungsberechtigtem unterliegen. Dieser Schutz werde dadurch, dass er in seinen Kanzleiräumen einen weiteren, nicht zur Zeugnisverweigerung berechtigenden Beruf ausübt, weder erweitert noch eingeschränkt.
Arbeitsweg: Zeitersparnis als Voraussetzung für offensichtlich verkehrsgünstigere Verkehrsverbindung (Februar 2018)
Ein angestellter Wirtschaftsprüfer war unter vielen Aspekten mit seinen Einkommensteuerbescheiden 2011 und 2012 nicht einverstanden und klagte daher, allerdings vergeblich, vor dem Finanzgericht Berlin?Brandenburg.
Er wollte bei der Ermittlung der Entfernungspauschale für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (erste Tätigkeitsstätte) nicht die kürzeste Straßenverbindung zugrunde legen. Das ist nur zulässig, wenn eine andere regelmäßig benutzte Straßenverbindung offensichtlich verkehrsgünstiger ist. Dazu muss die längere Strecke zu einer mindestens 10 %igen Zeitersparnis führen oder – ohne Zeitersparnis – anderweitige Vorteile gegenüber der kürzesten Strecke aufweisen. Solche Vorteile, die u. a. in der Streckenführung oder der Schaltung von Ampeln liegen können, hatte er allerdings nicht vorgebracht.
Vergeblich machte er pauschale Werbungskosten für sonstige Arbeitsmittel und Telefonkosten geltend. Er konnte weder den tatsächlichen Anfall der Aufwendungen noch deren berufliche Veranlassung belegen und genügte damit nicht seiner Feststellungslast.
Auch die Kosten für den Bezug der FAZ konnte er nicht in Abzug bringen, da diese Aufwendungen die Lebensführung betreffen und damit vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen sind.
Letztlich hat das Finanzgericht auch keine Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen berücksichtigt. Die zu Grunde liegenden Baumarbeiten fanden auf dem Grundstück des Wirtschaftsprüfers statt, auf dem er ein Wohnhaus für sich errichtete. Zum Zeitpunkt der Arbeiten war das Wohnhaus nicht fertiggestellt, so dass noch kein für die Begünstigung erforderlicher Haushalt gegeben war.
Beginn der Festsetzungsfrist bei gleichzeitiger Schenkung mehrerer Grundstücke (Februar 2018)
Eine Mutter schenkte ihren Kindern gleichzeitig ein Grundstück in A und weitere zwei Eigentumswohnungen in B. Die notarielle Veräußerungsanzeige an das Finanzamt erfasste lediglich das Grundstück in A. Dementsprechend erfolgte auch die schenkungsteuerliche Veranlagung. Sieben Jahre später verstarb die Mutter. In der Erbschaftsteuererklärung wurden die Vorschenkungen mit den Grundstücken in A und B angegeben. Weitere drei Jahre später setzte das Finanzamt gegenüber den Erben Schenkungsteuer für die aus der notariellen Veräußerungsanzeige nicht unmittelbar erkennbare Übertragung der Eigentumswohnungen in B fest. Die Kinder waren der Meinung, dass eine Schenkungsteuer jetzt wegen bereits abgelaufener Festsetzungsfristen nicht mehr erhoben werden dürfe.
Der Bundesfinanzhof gab dem Finanzamt Recht. Die Frist zur Festsetzung der Schenkungsteuer beträgt regelmäßig vier Jahre. Sie beginnt nicht vor Ablauf des Jahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder das Finanzamt von der Schenkung Kenntnis erlangt hat. Maßgebend ist die Alternative, die zuerst eingetreten ist.
Bezogen auf den Urteilsfall kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass das Finanzamt erst durch die Erbschaftsteuererklärung Kenntnis von der Schenkung der Grundstücke in B erlangt hat. Aus der dem Finanzamt vorliegenden Veräußerungsanzeige war nicht unmittelbar erkennbar, dass den Kindern gleichzeitig mehrere Grundstücke übertragen worden sind. Aus diesem Grund konnte die Schenkungsteuer für die in der Veräußerungsanzeige nicht ausgewiesenen Grundstücke noch festgesetzt werden.
Beitragszuschuss für nicht krankenversicherungspflichtige und für in der privaten Krankenversicherung versicherte Beschäftigte im Jahr 2018 (Februar 2018)
Beschäftigte, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder in einer privaten Krankenversicherung (PKV) versichert sind, haben Anspruch auf einen Zuschuss des Arbeitgebers. Der Zuschuss ist regelmäßig in Höhe der Hälfte des Gesamtbeitrags zu zahlen. Er ist für einen in einer privaten Krankenversicherung versicherten Arbeitnehmer abhängig vom durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatz der Krankenkassen, der weiterhin 14,6 % beträgt.
Daraus errechnet sich für 2018 ein monatlicher Zuschuss von maximal 323,03 € (14,6 % von 4.425,00 € Beitragsbemessungsgrenze = 646,05 €; davon die Hälfte = 323,03 €). Sind die Bezüge niedriger, ist der Zuschuss entsprechend der obigen Berechnung zu ermitteln. Grundsätzlich darf aber nur die Hälfte des tatsächlich vom Arbeitnehmer gezahlten Beitrags als Zuschuss gewährt werden.
Ein etwaiger Zusatzbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung ist vom Arbeitnehmer allein zu tragen.
Hinweis: Der maximale Zuschuss des Arbeitgebers zur Pflegeversicherung in der PKV beträgt bundesweit monatlich 56,42 €, in Sachsen
allerdings nur 34,29 €.
Berücksichtigung nacherklärter Veräußerungsverluste im Verlustfeststellungsbescheid nur über den Einkommensteuerbescheid (Februar 2018)
Im Verfahren zur Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags sind die Einkünfte nicht eigenständig zu ermitteln. Maßgeblich sind vielmehr die Besteuerungsgrundlagen des Einkommensteuerbescheids. Unzutreffende Besteuerungsgrundlagen müssen daher im Rahmen eines Einspruchs gegen den Einkommensteuerbescheid angefochten werden. Ist dieser bestandskräftig und in ihm kein Verlust berücksichtigt, kann ein Verlust noch festgestellt werden, wenn der Steuerbescheid nach den Verfahrensvorschriften änderbar ist. Das gilt auch für Verluste aus Kapitalvermögen.
Der Bundesfinanzhof hatte den Fall eines Steuerberaters zu entscheiden, der in seiner Einkommensteuererklärung vermeintliche Verluste aus Kapitalvermögen nicht erklärt hatte, sondern dies erst später nachholte. Seinen Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid, in dem die Verluste mangels Erklärung nicht berücksichtigt waren, nahm er jedoch zurück. Nur seinen Einspruch gegen den Verlustfeststellungsbescheid erhielt er aufrecht.
Eine Feststellung der vermeintlichen Verluste war damit nicht mehr zulässig, denn der Einkommensteuerbescheid war nicht mehr änderbar. Insbesondere kam eine Änderung wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen nicht in Betracht, weil den Steuerberater ein grobes Verschulden traf. Er hätte die vermeintlichen Verluste entweder in seiner Einkommensteuererklärung angeben müssen bzw. seinen Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid nicht zurückziehen dürfen.
Bestimmung des Kindergeldberechtigten nach Trennung der Eltern (Februar 2018)
Die ursprüngliche Bestimmung eines Kindergeldberechtigten erlischt, wenn sich die Eltern trennen und das Kind ausschließlich im Haushalt eines der beiden Elternteile lebt. Der ursprünglich als berechtigt bestimmte Elternteil wird nicht wieder berechtigt, wenn die Eltern und das Kind wegen eines Versöhnungsversuchs wieder in einem gemeinsamen Haushalt leben.
So entschied der Bundesfinanzhof nach der Trennung der Eltern eines Kinds. Die Eltern lebten fortan in verschiedenen Haushalten. Mit der Auflösung des gemeinsamen Haushalts verlor die vormals getroffene Bestimmung des Berechtigten ihre Bedeutung, denn das Kindergeld ist zwingend an den Elternteil zu zahlen, in dessen Haushalt das Kind lebt. Ein Widerruf der Berechtigung ist nicht erforderlich.
Nur ausnahmsweise, wenn das Kind nach der Trennung der Eltern in etwa annähernd gleichwertigem Umfang bei beiden Elternteilen lebt, wirkt die vor der Trennung getroffene Bestimmung fort.
Dashcam-Aufzeichnungen können in einem Zivilprozess als Beweismittel zulässig sein (Februar 2018)
In einem vom Oberlandesgericht Nürnberg zu beurteilenden Fall ging es um Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall, der sich auf einer Bundesautobahn zwischen einem Lkw und einem Pkw ereignet hatte. Der Pkw-Fahrer behauptete, er habe verkehrsbedingt abgebremst und der Fahrer des Lkw sei wegen zu hoher Geschwindigkeit und zu geringen Abstands aufgefahren. Der Lkw-Fahrer stellte den Unfall als für ihn unvermeidbar dar, weil der Pkw-Fahrer von der linken Spur über die mittlere auf die rechte Spur gewechselt sei und dort abrupt bis zum Stillstand abgebremst habe.
Zum Beweis seiner Darstellung des Unfallgeschehens legte der Lkw-Fahrer Aufzeichnungen aus einer fest auf dem Armaturenbrett installierten und nach vorne gerichteten Dashcam vor. Der Pkw-Fahrer vertrat die Auffassung, dass die Aufzeichnungen wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts nicht verwertet werden dürfen.
Das Gericht ließ die Aufzeichnungen als Beweismittel auch deshalb zu, weil keine anderen zuverlässigen Beweismittel zur Verfügung standen. Es bewertete das Interesse des Lkw-Fahrers an einem effektiven Rechtsschutz höher als das Interesse des Pkw-Fahrers an dessen in diesem Fall kaum beeinträchtigten Persönlichkeitsrecht. Der vom Gericht eingeschaltete Sachverständige kam nach Auswertung der Aufzeichnungen zu dem Ergebnis, dass die Darstellung des Lkw-Fahrers zutreffend war.
Dauerfristverlängerung für Umsatzsteuer 2018 beantragen (Februar 2018)
Unternehmer sind unter bestimmten Vorauszahlungen verpflichtet, während des laufenden Jahrs Vorauszahlungen auf die Umsatzsteuer zu leisten. Voranmeldungszeitraum für die Umsatzsteuer ist grundsätzlich
- das Kalendervierteljahr,
- der Kalendermonat, wenn die Steuer des Jahrs 2017 mehr als 7.500 € betragen hat.
Hat die Steuer im Vorjahr nicht mehr als 1.000 € betragen, kann das Finanzamt den Unternehmer von der Verpflichtung zur Abgabe von Voranmeldungen und von der Entrichtung von Vorauszahlungen befreien.
Wenn sich im Jahr 2017 ein Vorsteuer-Überschuss von mehr als 7.500 € ergeben hat, kann durch Abgabe der Voranmeldung Januar 2018 bis zum 12.02.2018 statt des Kalendervierteljahrs der monatliche Voranmeldungszeitraum beibehalten werden.
Unternehmer, die ihre Umsatzsteuervoranmeldungen monatlich abgeben, können Fristverlängerung für 2018 in Anspruch nehmen, wenn sie bis zum 12.02.2018 einen Antrag beim Finanzamt stellen.
Die Fristverlängerung ist davon abhängig, dass eine Sondervorauszahlung in Höhe eines Elftels der Summe der Vorauszahlungen für 2017 angemeldet und bis zum 12.02.2018 geleistet wird. Diese Sondervorauszahlung wird auf die am 11.02.2019 fällige Vorauszahlung für Dezember 2018 angerechnet.
Dies hat zur Folge, dass die Voranmeldungen und Vorauszahlungen jeweils einen Monat später fällig sind. D. h. die Anmeldungen ab Voranmeldungszeitraum Januar 2018 müssen grundsätzlich erst bis zum 10. des dem Anmeldungszeitpunkt folgenden Monats abgegeben werden. Fällt der 10. auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, ist der nächste Werktag der Stichtag.
Zu beachten ist, dass ein einmal gestellter und genehmigter Antrag so lange gilt, bis der Unternehmer den Antrag zurücknimmt oder das Finanzamt die Fristverlängerung widerruft.
Vierteljahreszahler müssen keine Sondervorauszahlung entrichten. Auch für sie gilt die für ein Kalenderjahr genehmigte Fristverlängerung für die folgenden Kalenderjahre weiter, wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben. Ein erstmaliger Antrag ist in diesen Fällen bis zum 10.04.2018 zu stellen.
Für Unternehmer, die ihre berufliche oder gewerbliche Tätigkeit neu begründen, ist im Jahr der Aufnahme der Tätigkeit und im folgenden Jahr grundsätzlich der Kalendermonat Voranmeldungszeitraum.
Doppelte Haushaltsführung: notwendige Kosten der Unterkunft am Beschäftigungsort (Februar 2018)
Mehraufwendungen wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung sind Werbungskosten. Hierzu gehören u. a. die Unterkunftskosten am Beschäftigungsort, wie Miete bzw. - beim Wohnen in einer eigenen Wohnung - Absetzung für Abnutzung und Finanzierungskosten. Die tatsächlichen Kosten dürfen aber nicht überhöht sein.
Zur Rechtslage bis einschließlich 2013 hat der Bundesfinanzhof folgendes entschieden: Die Kosten für Wohnungen mit einer Wohnfläche bis zu 60 m² bei einem ortsüblichen Mietzins für eine nach Lage und Ausstattung durchschnittliche Wohnung (Durchschnittsmietzins) sind regelmäßig angemessen. Der Durchschnittsmietzins bezieht sich auf die Grundmiete, d. h. die Netto-Kaltmiete ohne Betriebs- und Nebenkosten und ist - sofern vorhanden - nach dem jeweils gültigen Mietspiegel zu bemessen.
Kosten für Besuchsfahrten des Ehepartners vom Familienwohnsitz an den Beschäftigungsort des Ehegatten sind, so das Gericht, nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen, weil keine Familienheimfahrten vorliegen. Darunter fallen nur Fahrten zwischen Familienwohnsitz und Beschäftigungsort, die der Arbeitnehmer selbst vornimmt.
Hinweis: Seit 2014 sind die abziehbaren Aufwendungen für eine Unterkunft auf 1.000 € monatlich begrenzt. Die Beschränkung auf Wohnungen mit einer Wohnfläche bis zu 60 m² bei ortsüblicher Miete gibt es nicht mehr.
Dozent bei einem Weiterbildungsinstitut ist selbstständig tätig (Februar 2018)
Ein Dozent bei einem Weiterbildungsinstitut ist selbstständig tätig und nicht abhängig beschäftigt, wenn er nicht weitergehend in den Betrieb des Instituts eingegliedert ist. So entschied das Sozialgericht Stuttgart im Fall eines Trainers, der bei einem Aus- und Weiterbildungsdienstleister als Lehrkraft auftrat.
Entscheidend ist der Grad der persönlichen Abhängigkeit. Die Verpflichtung zur Beachtung von Lehrplänen und die Organisation des Schulbetriebs durch das Institut stehen dem nicht entgegen, solange der Dozent den Unterricht selbstständig gestalten und das Institut nicht die Übernahme anderer Kurse oder sonstiger Tätigkeiten anordnen kann.
Folgende Unterlagen können im Jahr 2018 vernichtet werden (Januar 2018)
Nachstehend aufgeführte Buchführungsunterlagen können nach dem 31. Dezember 2017 vernichtet werden:
· Aufzeichnungen aus 2007 und früher,
· Inventare, die bis zum 31. Dezember 2007 aufgestellt worden sind,
· Bücher, in denen die letzte Eintragung im Jahre 2007 oder früher erfolgt ist,
· Jahresabschlüsse, Lageberichte und Eröffnungsbilanzen, die 2007 oder früher aufgestellt worden sind,
· Buchungsbelege aus dem Jahre 2007 oder früher,
· empfangene Handels- oder Geschäftsbriefe und Kopien der abgesandten Handels- oder
Geschäftsbriefe, die 2011 oder früher empfangen bzw. abgesandt wurden,
· sonstige für die Besteuerung bedeutsame Unterlagen aus dem Jahre 2011 oder früher.
Dabei sind die Fristen für die Steuerfestsetzungen zu beachten.
Unterlagen dürfen nicht vernichtet werden, wenn sie von Bedeutung sind
· für eine begonnene Außenprüfung,
· für anhängige steuerstraf- oder bußgeldrechtliche Ermittlungen,
· für ein schwebendes oder aufgrund einer Außenprüfung zu erwartendes Rechtsbehelfsverfahren oder zur
Begründung der Anträge an das Finanzamt und
· bei vorläufigen Steuerfestsetzungen.
Es ist darauf zu achten, dass auch die elektronisch erstellten Daten für zehn Jahre vorgehalten werden müssen.
Natürliche Personen, deren Summe der positiven Einkünfte aus Überschusseinkünften (aus nichtselbständiger
Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung und sonstige Einkünfte) mehr als 500.000 € im
Kalenderjahr 2017 betragen hat, müssen die im Zusammenhang stehenden Aufzeichnungen und Unterlagen
sechs Jahre aufbewahren. Bei Zusammenveranlagung sind die Feststellungen für jeden Ehegatten gesondert
maßgebend. Die Verpflichtung entfällt erst mit Ablauf des fünften aufeinanderfolgenden Kalenderjahrs, in dem die
Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Geänderte Schenkungsteuerfestsetzung für den Vorerwerb ist weder Grundlagenbescheid noch rückwirkendes Ereignis (Januar 2018)
Erhält jemand innerhalb von zehn Jahren mehrere Schenkungen von derselben Person, werden für Zwecke der
Schenkungsteuer alle Erwerbe in dieser Zeit zusammengerechnet. Dazu werden dem Letzterwerb die
Vorerwerbe nach ihrem früheren Wert zugerechnet. Dadurch soll verhindert werden, dass durch die Aufsplittung
von Schenkungen der persönliche Schenkungsteuerfreibetrag mehrfach ausgenutzt werden kann. Auch beim
Erbfall werden die Vorerwerbe der letzten zehn Jahre hinzugerechnet.
Wird ein Steuerbescheid für einen Vorerwerb geändert, weil sich bspw. im Nachhinein ein höherer
Schenkungsteuerwert ergeben hat, darf ein bereits vorher ergangener rechtskräftiger Steuerbescheid für den
nachfolgenden Erwerb nicht mehr geändert werden, um diesen höheren Wert zu berücksichtigen. Nach einem
Urteil des Bundesfinanzhofs ist der geänderte Bescheid für den Vorerwerb weder ein Grundlagenbescheid, noch
ein rückwirkendes Ereignis, das zu einer Berichtigung des Steuerbescheids für den Letzterwerb berechtigt.
Ruhendstellung - einer Kontenpfändung gegen den Willen des Drittschuldners unzulässig (Januar 2018)
Die Finanzverwaltung ist nicht berechtigt, eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung dahingehend
einzuschränken, dass dem Drittschuldner unter Rangwahrung gestattet wird, bis auf Widerruf an den
Vollstreckungsschuldner zu zahlen und keine Beträge mehr einzubehalten. Dies gilt zumindest für die Fälle, in
denen die Einschränkung gegen den Willen des Drittschuldners erfolgt.
Im entschiedenen Fall erhielt ein Kreditinstitut (Drittschuldner) eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung, mit
der die Finanzbehörde wegen Abgabenschulden in gegen das Kreditinstitut gerichtete Forderungen eines Kunden
vollstreckte. Eine umfassende Pfändung führt faktisch zu einer Kontosperrung. Das Kreditinstitut kann nicht mehr
mit befreiender Wirkung an den Vollstreckungsschuldner zahlen. Eine Beseitigung der Rechtswirkungen einer
Pfändung kann nur durch Aufhebung der Pfändungsverfügung erfolgen. Für eine einseitige Modifikation durch
Aufhebung bzw. Einschränkung des „Zahlungsverbots“ gegenüber dem Vollstreckungsschuldner gibt es keine
gesetzliche Grundlage. Vielmehr entsteht dem Drittschuldner mit der vorgenannten Einschränkung
(Ruhendstellung) der Pfändungs- und Einziehungsverfügung zusätzlicher Überwachungsaufwand und ein
zusätzliches Haftungsrisiko.
(Quelle: Urteil des Bundesfinanzhofs)
Abgrenzung eines häuslichen Arbeitszimmers von einer Betriebsstätte (Januar 2018)
Werden betrieblich genutzte Räume in die häusliche Sphäre eingebunden, sind sie nur dann als Betriebsstätte
anzuerkennen, wenn sie nach außen erkennbar für einen intensiven und dauerhaften Publikumsverkehr
vorgesehen sind, so entschied der Bundesfinanzhof.
Im vorliegenden Fall hatte ein Versicherungsmakler für seine Tätigkeit im Obergeschoss des Hauses seiner
Töchter, in welchem er auch wohnte, einen Büroraum mit davor liegendem Flurbereich und einer Gästetoilette
angemietet. Die darauf entfallenden Aufwendungen machte er in voller Höhe als Betriebsausgaben geltend. Das
Finanzamt qualifizierte die Räume als häusliches Arbeitszimmer und lehnte den Betriebsausgabenabzug ab.
Das Gericht folgte der Auffassung des Finanzamts. Bei der Eingliederung der betrieblich genutzten Räume in den
Wohnbereich fehlte es an der nach außen erkennbaren Widmung für den Publikumsverkehr.
Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben lässt keine Steueransprüche entstehen oder erlöschen (Januar 2018)
Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs können durch die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben
keine Steueransprüche entstehen oder erlöschen. Allenfalls kann dadurch verhindert werden, dass Forderungen
oder Rechte geltend gemacht werden.
Im entschiedenen Fall veräußerte ein Landwirt in den Jahren 1971 bis 1978 einen wesentlichen Teil der
Grundstücksflächen des in seinem Alleineigentum stehenden Hofs. Von den verbliebenen Flächen war der größte
Teil verpachtet, das Betriebsgebäude mit dem Rest des Hofs nutzte er weiter zusammen mit seiner Ehefrau.
1978 kaufte er zusammen mit seiner Ehefrau einen ca. 100 km entfernt liegenden landwirtschaftlichen Betrieb,
der sofort an den bisherigen Eigentümer verpachtet wurde. Weitere von ihm hinzuerworbene Flächen wurden
ebenfalls sofort verpachtet.
Die 1981 durchgeführte Betriebsprüfung stellte aus den Flächenverkäufen des Landwirts einen erheblichen
steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn fest. Auf Antrag des Landwirts bildete der Prüfer in dieser Höhe
gewinnmindernd eine Reinvestitionsrücklage. Die steuerfreie Auflösung der Rücklage erfolgte durch Verrechnung
mit den Anschaffungskosten des 1978 von den Eheleuten erworbenen Hofs und der weiteren in der Folgezeit
vom Landwirt selbst erworbenen landwirtschaftlichen Flächen. Der Betriebsprüfer ging davon aus, dass es sich
bei den durch die Verpachtung erzielten Einkünften um solche aus Land- und Forstwirtschaft handele.
Nach dem Tod ihres Ehemanns veräußerte die Ehefrau einen Teil des 1978 von ihr und ihrem Ehemann
erworbenen Hofs. Sie sah den daraus erzielten Veräußerungsgewinn als steuerfrei an. Entgegen der bisherigen
Beurteilung handele es sich bei den aus dem verpachteten Hof erzielten Einkünften nicht um solche aus Landund
Forstwirtschaft, sondern um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Das Finanzamt sah dadurch den
Grundsatz von Treu und Glauben verletzt.
Der Bundesfinanzhof folgte der Auffassung des Finanzamts nicht. Er führte dazu aus, dass der Erwerber eines
land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, den er nicht selbst bewirtschaftet, sondern im Anschluss an den Erwerb
sofort verpachtet, nur Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Die Grundstücke befinden sich im
Privatvermögen. Ihre spätere Veräußerung kann auch nicht nach Treu und Glauben wie die Veräußerung von
Betriebsvermögen behandelt werden. Es ergibt sich auch keine andere Beurteilung dadurch, dass ein
Betriebsprüfer rechtsirrtümlich eine im Betriebsvermögen gebildete Reinvestitionsrücklage um die
Anschaffungskosten von im Privatvermögen befindlichen Grundstücken kürzt.
Arbeitstägliche Fahrten eines Arbeitnehmers zu einem Sammelpunkt sind nur mit der Entfernungspauschale anzusetzen (Januar 2018)
Für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte kann ein Arbeitnehmer die
verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger
Arbeit ansetzen. Die Entfernungspauschale beträgt 0,30 € je Entfernungskilometer. Sie ist grundsätzlich auf einen
Höchstbetrag von 4.500 € im Jahr begrenzt. Nutzt der Arbeitnehmer einen eigenen oder zur Nutzung
überlassenen Kraftwagen (z. B. Firmenwagen), kann ein ggf. tatsächlich höherer Betrag angesetzt werden. Bei
der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel kann der Arbeitnehmer auch die tatsächlichen Aufwendungen geltend
machen, die den als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen.
In einem Verfahren vor dem Sächsischen Finanzgericht war streitig, wie arbeitstägliche Fahrten eines
Arbeitnehmers zu einem Sammelpunkt zu behandeln sind. Der Arbeitgeber hatte bestimmt, dass der
Arbeitnehmer stets denselben Sammelpunkt aufsuchen musste. Von dort fuhr er mit einem Firmenfahrzeug zu
seinen jeweiligen Baustellen.
Das Finanzgericht entschied, dass die Fahrten des Arbeitnehmers von seiner Wohnung zu diesem Sammelpunkt
wie Fahrten zu einer ersten Tätigkeitsstätte, also nur mit der Entfernungspauschale, anzusetzen seien. Das gelte
auch, wenn der Arbeitnehmer mehrere Tage auf auswärtigen Baustellen arbeite und nicht arbeitstäglich an
seinen Wohnort zurückkehre.
Der Bundesfinanzhof muss abschließend entscheiden.
Aufbau eines Strukturvertriebs ist umsatzsteuerpflichtig (Januar 2018)
Leistungen von Versicherungsvertretern und Versicherungsmaklern sind grundsätzlich umsatzsteuerfrei.
Steuerpflichtig sind allerdings die typischerweise mit dem Aufbau und der Aufrechterhaltung eines
Strukturvertriebs einhergehenden Leistungen.
Ein Versicherungsunternehmen zahlte einem Versicherungsvertreter in den Jahren 2009 und 2010 insgesamt
etwa 220.000 €, um Vertriebsstrukturen aufzubauen. Dafür organisierte er Werbeveranstaltungen, trat als
Referent auf und warb etwa 40 Makler an. Das Finanzamt unterwarf diese Zahlungen der Umsatzsteuer.
Der Bundesfinanzhof bestätigte diese Auffassung. Um die Umsatzsteuerbefreiung für Bausparkassenvertreter,
Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler in Anspruch nehmen zu können, hätte der
Versicherungsvertreter sowohl mit dem Versicherer als auch mit den Versicherten in Verbindung stehen müssen.
Zwar reicht auch eine nur mittelbare Verbindung aus, wenn derjenige, der die Dienstleistung erbringt, ein
Unterauftragnehmer des Versicherungsvertreters ist. Trotzdem muss die Tätigkeit wesentliche Aspekte der
Ermittlungstätigkeit von Versicherungen umfassen. Dazu gehört es, Kunden zu suchen und sie mit dem
Versicherer zusammenzubringen.
Aufbau und Aufrechterhaltung eines Strukturvertriebs gehören nicht zu den typischen Tätigkeiten eines
Versicherungsvertreters. Diese Leistungen wären nur dann steuerfrei, wenn der Unternehmer durch Prüfung
eines jeden Versicherungsangebots auf eine der Vertragsparteien einwirken könnte. Leistungen, die keinen
Bezug zu einzelnen Vermittlungsgeschäften haben, sind nicht umsatzsteuerfrei.
Aufhebung der Kindergeldfestsetzung in Doppelzahlungsfällen (Januar 2018)
Ein Lehrer war zunächst zeitlich befristet angestellt tätig und wurde später verbeamtet. Für seine Tochter erhielt
er während der Anstellung das Kindergeld von der Familienkasse, nach der Verbeamtung von seinem
Dienstherrn. Da die Verbeamtung der Familienkasse unbekannt blieb, zahlte sie weiterhin das Kindergeld, so
dass der Lehrer dieses fast neun Jahre doppelt erhielt. Nach Kenntnis von der Doppelzahlung durch einen
automatisierten Datenabgleich hob die Familienkasse die Festsetzung auf und forderte die Rückzahlung der
doppelt gezahlten Beträge. Dagegen wendete der Lehrer Verjährung ein.
Zu Unrecht, meinte der Bundesfinanzhof. Weil eine leichtfertige Steuerverkürzung vorlag, war die Verjährung
noch nicht eingetreten. Das Kindergeld wird als Steuervergütung gewährt und die Familienkasse hätte über die
Verbeamtung informiert werden müssen. Die Verjährungsfrist begann daher erst mit der letztmals zu Unrecht
erlangten Kindergeldzahlung. Auch durfte die Familienkasse die Festsetzung nach der Verbeamtung aufheben,
weil sie sachlich nicht mehr zuständig war.
Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung nach der ICSI-Methode als außergewöhnliche Belastungen (Januar 2018)
Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung sind keine außergewöhnlichen Belastungen, wenn die
Behandlung nach inländischen Maßstäben nicht zulässig ist. Die Kosten sind daher nur zu berücksichtigen, wenn
die Behandlung dem Embryonenschutzgesetz entspricht und mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte
im Einklang steht.
Im entschiedenen Fall unterzog sich ein Paar in Österreich einer künstlichen Befruchtung. Im Laufe der
Behandlung wurden sieben Eizellen befruchtet und zwei Embryonen eingesetzt.
Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts verbietet der deutsche Embryonenschutz nach Ansicht des
Bundesfinanzhofs nicht, mehr als drei Eizellen zu befruchten. Vielmehr ist es dem Arzt erlaubt, so viele Eizellen
zu befruchten, wie nach seiner Beurteilung erforderlich sind, um entwicklungsfähige, für den Transfer
vorgesehene Embryonen zu erhalten und höhergradige Mehrlingsschwangerschaften zu verhindern. Verboten ist
jedoch, mehr Eizellen einer Frau zu befruchten, als ihr innerhalb eines Zyklus übertragen werden sollen und
innerhalb eines Zyklus mehr als drei Embryonen auf eine Frau zu übertragen. Die Zahl der Eizellen, die
höchstens befruchtet werden dürfen, ist damit nicht festgelegt.
Es bleibt jedoch zu prüfen, ob die Befruchtung von sieben Eizellen dem sog. deutschen Mittelweg entsprach, d. h.
dass lediglich ein oder zwei entwicklungsfähige Embryonen zum Zwecke der Übertragung entstehen sollten und
der Behandlung eine sorgfältige individuelle Prognose zum Zeitpunkt der Befruchtung zugrunde lag.
Ausnahme bei den anschaffungsnahen Herstellungskosten (Januar 2018)
Wer ein Gebäude anschafft, kann innerhalb der ersten drei Jahre größere Aufwendungen zur Beseitigung von
Mängeln nur dann sofort als Werbungskosten absetzen, wenn diese nicht über 15 % der Anschaffungskosten des
Gebäudes liegen. Höhere Instandhaltungskosten führen zu anschaffungsnahen Herstellungskosten, die sich nur
über die Abschreibung des Gebäudes steuermindernd auswirken.
Von diesem Grundsatz gibt es allerdings eine Ausnahme: Aufwendungen zur Beseitigung eines
Substanzschadens, der erst nach Anschaffung einer vermieteten Immobilie durch schuldhaftes Handeln des
Mieters verursacht wurde, können als Werbungskosten sofort abziehbar sein. Das hat der Bundesfinanzhof in
einem Fall entschieden, in dem sich die angeschaffte Eigentumswohnung zum Zeitpunkt des Übergangs von
Nutzen und Lasten in einem mangelfreien Zustand befand.
Erst nach der Anschaffung begannen die Probleme. Die Mieterin verweigerte die Zahlung fälliger Nebenkosten,
woraufhin die neue Eigentümerin das Mietverhältnis kündigte. Anschließend stellte sie erhebliche von der
Mieterin verursachte Schäden, wie eingeschlagene Scheiben an Türen, Schimmel an Wänden und zerstörte
Bodenfliesen, fest. Ein nicht gemeldeter Rohrbruch im Badezimmer verursachte hohe Folgeschäden.
Aufwendungen von rund 20.000 € waren für die Instandsetzung erforderlich.
Der Bundesfinanzhof bestätigte die Auffassung der neuen Eigentümerin, dass es sich dabei um sofort
abziehbaren Erhaltungsaufwand handelt, denn die Schäden waren im Zeitpunkt der Anschaffung nicht
vorhanden. Es waren auch keine nach dem Erwerb auftretenden altersüblichen Mängel und Defekte, die
anschaffungsnahe Herstellungskosten sind.
Berechtigung einer Gemeinde zum Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten einer Sporthalle (Januar 2018)
Überlässt eine Gemeinde eine Sporthalle aufgrund privatrechtlicher Verträge gegen Zahlung eines
Nutzungsentgelts an Vereine, kann sie die Umsatzsteuer auf die Herstellungskosten der Halle anteilig (im
Verhältnis der zeitlichen Nutzungsanteile) als Vorsteuer abziehen. Eine Überlassung gegen Entgelt liegt auch dann vor,
wenn das Entgelt unter dem Selbstkostenpreis liegt. Erforderlich ist, dass ein
unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Nutzungsüberlassung und der Gegenleistung besteht, was bei einem
gegenseitigen Vertrag in aller Regel anzunehmen ist.
Allerdings kann eine „Asymmetrie“ zwischen den Betriebskosten und den als Gegenleistung erhaltenen Beträgen
darauf hindeuten, dass die Gemeinde mit der Nutzungsüberlassung keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt und
deshalb nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Folglich sind alle Umstände der Nutzungsüberlassung zu
berücksichtigen. Wird die Leistung am allgemeinen Markt angeboten, ist das Entgelt marktüblich und hängt es
von der tatsächlichen Nutzungsinanspruchnahme ab, führt selbst ein geringer Kostendeckungsgrad (das
Finanzamt ging von 2,07 % aus) nicht dazu, dass die Gemeinde keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt.
(Quelle: Urteil des Bundesfinanzhofs)
Bestimmungen zur Inventur am Bilanzstichtag (Januar 2018)
Alle Kaufleute, die nach den handelsrechtlichen oder steuerlichen Vorschriften Bücher führen und im Laufe des
Wirtschaftsjahrs keine permanente Inventur vornehmen, müssen zum Ende des Wirtschaftsjahrs
Bestandsaufnahmen vornehmen. Diese sind eine Voraussetzung für die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung
des Unternehmens und müssen zum Bilanzstichtag erfolgen.
Steuerliche Teilwertabschreibungen können nur bei voraussichtlich dauernder Wertminderung vorgenommen
werden. Diese Voraussetzungen müssen zu jedem Bilanzstichtag neu nachgewiesen werden. Das ist bei der
Inventurdurchführung zu berücksichtigen.
Eine Fotoinventur ist nicht zulässig. Aufgrund der oft sehr zeitaufwendigen Inventurarbeiten, insbesondere bei
den Roh-, Hilfs-, und Betriebsstoffen, den Fabrikaten und Handelswaren, gibt es aber zeitliche Erleichterungen für
die Inventurarbeiten:
· Bei der so genannten zeitnahen Inventur können die Bestandsaufnahmen innerhalb von zehn Tagen vor
oder nach dem Bilanzstichtag stattfinden. Zwischenzeitliche Bestandsveränderungen durch Einkäufe oder
Verkäufe sind anhand von Belegen oder Aufzeichnungen zuverlässig festzuhalten.
· Bei der zeitlich verlegten Inventur können die Bestandsaufnahmen innerhalb der letzten drei Monate vor
oder der ersten zwei Monate nach dem Bilanzstichtag vorgenommen werden. Diese Inventur erfordert eine
wertmäßige Fortschreibung bzw. eine wertmäßige Rückrechnung der durch die Inventur ermittelten
Bestände zum Bilanzstichtag. Eine nur mengenmäßige Fortschreibung bzw. Rückrechnung reicht nicht aus.
Für Bestände, die durch Schwund, Verderb und ähnliche Vorgänge unvorhersehbare Abgänge erleiden
können und für besonders wertvolle Güter ist nur die Stichtagsinventur zulässig. Zu beachten ist ebenfalls,
dass Steuervergünstigungen, wie das Verbrauchsfolgeverfahren, die auf die Zusammensetzung der
Bestände am Bilanzstichtag abstellen, nicht in Anspruch genommen werden können.
· Bei der sogenannten Einlagerungsinventur mit automatisch gesteuerten Lagersystemen (z. B. nicht
begehbare Hochregallager) erfolgt die Bestandsaufnahme laufend mit Ein- und Auslagerung der Ware.
Soweit Teile des Lagers während des Geschäftsjahrs nicht bewegt worden sind, ist diese Handhabung ggf.
mit erhöhtem Aufwand verbunden.
· Das Stichproben-Inventurverfahren erlaubt eine Inventur mit Hilfe anerkannter mathematisch-statistischer
Methoden aufgrund von Stichproben. Die Stichprobeninventur muss den Aussagewert einer konventionellen
Inventur haben. Das ist der Fall, wenn ein Sicherheitsgrad von 95 % erreicht und relative Stichprobenfehler
von 1 % des gesamten Buchwerts nicht überschritten werden. Hochwertige Güter und Gegenstände, die
einem unkontrollierten Schwund unterliegen, sind nicht in dieses Verfahren einzubeziehen.
· Das Festwertverfahren kann auf Sachanlagen und Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe angewendet werden.
Voraussetzung ist, dass die Gegenstände im Gesamtwert für das Unternehmen von nachrangiger
Bedeutung sind, sich der Bestand in Größe, Zusammensetzung und Wert kaum verändert und die
Gegenstände regelmäßig ersetzt werden. Eine körperliche Inventur ist bei diesen Gegenständen in der
Regel alle drei Jahre oder bei wesentlichen Mengenänderungen sowie bei Änderung in der
Zusammensetzung vorzunehmen.
· Wird das Verfahren der permanenten Inventur angewendet, ist darauf zu achten, dass bis zum
Bilanzstichtag alle Vorräte nachweislich einmal aufgenommen worden sind.
Bei der Bestandsaufnahme sind alle Wirtschaftsgüter lückenlos und vollständig zu erfassen. Die Aufzeichnungen
sind so zu führen, dass eine spätere Nachprüfung möglich ist. Es ist zweckmäßig, die Bestandsaufnahmelisten so
zu gliedern, dass sie den räumlich getrennt gelagerten Vorräten entsprechen. Der Lagerort der aufgenommenen
Wirtschaftsgüter ist zu vermerken. Die Bestandsaufnahmelisten sind von den aufnehmenden Personen
abzuzeichnen. Es kann organisatorisch notwendig sein, die Bestandsaufnahmen durch ansagende Personen und
aufschreibende Mitarbeiter vorzunehmen. Inventuranweisungen, Aufnahmepläne, Originalaufzeichnungen
und die spätere Reinschrift der Bestandsaufnahmelisten sind aufzubewahren.
Fremde Vorräte, z. B. Kommissionswaren oder berechnete, vom Kunden noch nicht abgeholte Waren oder
Fabrikate sind getrennt zu lagern, um Inventurfehler zu vermeiden. Fremdvorräte müssen nur erfasst werden,
wenn der Eigentümer einen Nachweis verlangt. Sie sollten jedoch in diesem Fall unter besonderer
Kennzeichnung aufgenommen werden.
Eigene Vorräte sind immer zu erfassen. Das schließt minderwertige und mit Mängeln behaftete Vorräte ebenso
ein wie rollende oder schwimmende Waren. Bei unfertigen Erzeugnissen muss zur späteren Ermittlung der
Herstellungskosten der Fertigungsgrad angegeben werden. Dabei ist an verlängerte Werkbänke
(Fremdbearbeiter) und die Werkstattinventur zu denken.
Alle Forderungen und Verbindlichkeiten des Unternehmens sind zu erfassen. Das gilt auch für Besitz- und
Schuldwechsel. Es sind entsprechende Saldenlisten zu erstellen. Bargeld in Haupt- und Nebenkassen ist durch
Kassensturz zu ermitteln.
Zur Inventurerleichterung können Hilfsmittel (z. B. Diktiergeräte) verwendet werden. Besprochene Tonbänder
können gelöscht werden, sobald die Angaben in die Inventurlisten übernommen und geprüft worden sind.
Hinweis: In Zweifelsfällen sollte der Steuerberater gefragt werden.